Mali | Was habt ihr euch dabei gedacht?

Die Putschisten vom März 2012, die den bisherigen demokratisch gewählten Präsidenten AT Touré geschasst und ins senegalesische Exil vertrieben haben, waren strikt gegen eine massive militärische Präsenz ausländischer Soldaten zur Terrorabwehr auf malischen Territorium. Heute gibt es vorwiegend im Zentrum und Norden des Landes einige Tausend von ihnen. Und wir schreiben das Jahr 2019. Die meisten der Soldaten kommen aus afrikanischen Staaten. Doch es gibt auch Europäer - Niederländer, Deutsche und Franzosen. Letztere haben in Westafrika einen besonderen Status. Sie sind die ehemaligen Kolonialherren. 
Franzosen sind zudem umstritten, weil ihnen unterstellt wird, neben der offiziellen Friedenssicherung auch politische und wirtschaftliche Interessen zu verfolgen, die keiner so richtig fassen kann. Der französische Präsident Macron hat kürzlich auf dieses latente Misstrauen seinen Truppen gegenüber reagiert. Er hat die Präsidenten der G5-Staaten (westafrikanische Staaten, die sich zu einem Schutzbündnis zusammengeschlossen haben, darunter Mali und Burkina Faso), zu einem Treffen nach Frankreich eingeladen und im Vorfeld betont, dass Frankreich nur zur Abwehr des Terrors und zur Friedenssicherung im Land sei und keine Politik "der gespaltenen Zunge" verfolge. Bei dem besagten Treffen möchte er von seinen afrikanischen Amtskollegen wissen, ob sie den Beitrag der Franzosen noch für sinnvoll erachten oder nicht. Macron sah sich zu diesem Schritt gezwungen, da vor zwei Wochen 13 französische Soldaten bei einem Hubschraubermanöver im hohen Norden Malis ums Leben gekommen sind. 
Es ist eine diplomatische Flucht nach vorne. Doch die Vorgehensweise der Grande Nation wird heftigst kritisiert. Der junge Präsident Macron zitiert die meist sehr viel älteren afrikanischen Kollegen zum Rapport, wie kleine Jungs, die sich rechtfertigen müssen. Warum findet das Treffen nicht in einer der westafrikanischen Hauptstädte statt, fragen sich die Malier. Warum wird uns so wenig Respekt entgegengebracht?
Die Bevölkerung ist gespalten. Sie sieht einerseits in ihren Präsidenten Präfekte der ehemaligen Kolonialmacht, die hörig sind und nicht dem Mumm haben, eigene Standpunkte gegenüber dem Westen zu vertreten. Andere wiederum wollen lieber heute als morgen, dass die fremden Soldaten das Land verlassen, was aber bedeuten würde, dass eine Trennung vom Westen die Folge und die Tür für eine noch stärkere Islamisierung offen wäre. Deshalb wird man bis auf Weiteres keine andere Wahl haben, als die Präsenz der UN-Truppen und die der Franzosen samt ihrer Verbündeten zu akzeptieren - wohl oder übel.
Der islamistische Terror verfolgt eine doppelte Strategie: 
a. Terror soll Unsicherheit und Angst erzeugen und die Leute aus dem Westen vertreiben (was ihnen zum großen Teil ja auch gelungen ist), 
b. das Vakuum soll durch zielführende Maßnahmen gefüllt werden, die zur Islamisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik führen.
Das Misstrauen gegenüber den Franzosen hat einen Namen - Kidal und ein politisches Datum - den Januar 2013. In dieser Zeit wurden die Islamisten von den Franzosen beim Durchmarsch in den Süden gehindert und in den Norden zurückgedrängt. Doch die Stadt Kidal, (nördlichste regionale Hauptstadt Malis) wurde der MNLA (einer vorwiegend von Tuarg angeführten Separatistenbewegung zur Befreiung des Azawad) überlassen und nicht, wie erwartet, der malischen Armee und staatlichen Administration. Dieses Manöver wird in Mali bis heute nicht verstanden bzw. als großer politischer Fehler angesehen. Die Malier fragen sich: "Was habt i hr euch wirklich dabei gedacht? Was führt ihr im Schilde?
"Die Franzosen haben damals den Versuch unternommen, zwischen guten und schlechten Separatisten zu unterscheiden und damit noch mehr Verwirrung in die schon bestehende Unordnung gebracht. Sie haben mit einer Befreiungsbewegung zusammen gearbeitet, die von der malischen Zentralregierung als Bedrohung empfunden wurde. Damit haben sie die Zentralregierung geschwächt. Und diese Schwäche hat sich im Laufe der Zeit weiter in den Regionen verbreitet, da der Saat nicht mehr über die Autorität und die Mittel verfügt, Sicherheit, Bildung und Verwaltung im gesamten Land aufrechtzuerhalten", so die Position eines ehemaligen Botschafter Frankreichs in Bamako (Quelle: http://www.rfi.fr/emission/20190314-nord-mali-france-kidal-separatistes-ex-ambassadeur-normand).
Die Malier erwarten, dass die Kidal-Frage zunächst geklärt wird, bevor es zum Rapport der Westafrikaner in Frankreich kommt. 
Sollte es in der nächsten Zeit zu keiner transparenten Politik und Zusammenarbeit auf Augenhöhe kommen, werden die westafrikanischen Staatsgebilde weiter geschwächt und die Islamisierung der Länder wird weiter fortschreiten. Denn da, wo der Staat aufgrund seiner Schwäche nicht präsent ist, dort greifen die Separatisten und Islamisten zu und rekrutieren die Bevölkerung für ihre Zwecke. Als Missionare solidarisieren wir uns mit den Menschen in Mali. Dabei begleiten wir die Politik des Westens genauso mit einem kritischen Blick wie das Gebärden der malischen Machthaber. Anders geht es nicht. Das Vertrauen muss sich die politische Gilde erst wieder erwerben.

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