Mission – aus der Zeit gefallen | 1. Die Kritik reißt nicht ab


 

Teil 1: Mission - die Kritik reißt nicht ab

In den letzten Jahren wird die Kritik am Konzept und an der Begrifflichkeit von christlicher Mission immer lauter. Es ist eher eine Retrowelle, die in der Postmoderne Motive aus der Vergangenheit erneut an den Strand spült. Die Kritik wird jetzt auch von den „letzten Mohikanern“ unter den evangelisch-pietistischen Missionsgesellschaften aufgegriffen. Mit Elan wird nach rettenden Optionen Ausschau gehalten. Während einige noch zögern, tauschen andere fleißig die Begriffe aus oder streichen sie. Missionarisch bleiben, es aber anders oder nicht mehr sagen, um nicht mit negativen Konnotationen in Verbindung gebracht zu werden. 
Dabei ist die Kritik selbst schon in die Jahre gekommen, besonders aus dem säkularen Raum. Die Kritik am Phänomen christlicher Mission ist fast schon steril geworden und zu einer populären Ideologie verkommen. Viele Zeitgenossen fühlen sich unwohl mit dem Wort „Mission“. Es scheint aus der Zeit gefallen, vom Wagen gepurzelt, als der auf den holprigen Wegen der Geschichte unterwegs war. Wir mussten mit ansehen, wie in unseren Breitengraden das einst Wertvolle langsam in den Straßengraben der Bedeutungslosigkeit gerollt ist. Scham kommt auf, wegen denen, die früher mit „Bibel und Schwert“ unterwegs waren. Hisst die Segel, wir kommen! In den Augen der notorischen Skeptiker stehen wir, die Missionare, immer noch da als auf Schiffen Angeheuerte, die einst die Weltmeere durchkreuzten, als Kolonialisten im schwarzen Frack, als „Gottesreichsbürger“ und ideologische Bedränger, die die Fracht westlicher Zivilisation mit sich führten und in fremden Kulturräumen löschten. Lange standen wir da mit erhobenem Haupt, doch wir waren machtlos gegen die Piraten, die längst ihre Kanonenrohre geladen und zum Entern unseres stolzen Schiffes die Haken ausgeworfen hatten.

Wir werden wohl fertig werden müssen mit den Attacken derer, die sich für uns schämen und uns im Namen von Säkularismus und Toleranz diffamieren und piesacken. Also geben wir klein bei. Wir ändern unsere Namen. Wir streichen aus dem Gedächtnis und dem Thesaurus die antiquierten Worthülsen demütigender Anmaßung. Wir werfen Altlasten ab, um die Weiterfahrt nicht aufs Spiel zu setzen.

So einfach, meine Damen und Herren, geht das nicht. Wieso sollen wir klein beigeben, nur weil es in unserer Bewegung Fehler und schuldhafte Verstrickungen gegeben hat, oder weil wir der Walze der Säkularisierung und des Atheismus entgehen wollen? Warum sollten wir mit den in die Jahre gekommenen Strategien gleich auch unsere bewährte theologische Begrifflichkeit über Bord werfen, nur weil sich die Rolle europäischer Partner in der Weltmission angesichts der globalen Verschiebungen verändern und die PR-Leute es für gut erachten, neue Narrative zu platzieren? 

Der Wandel gehört zur DNA der Weltmission, und die kritischen Stimmen sind ständige Begleiter. Die Kirche und die weltmissionarische Bewegung ist daraus meist gestärkt hervorgegangen. Eindimensionalität galt schon immer als Anmaßung. 

Multikulturalität, Multidirektionalität und Polyzentrik gehören zu den Phänomenen, die die Geschichte des Christentums und die Missionsbewegung schon lange mehr oder weniger stark prägen. Keiner sollte sich einbilden, dass er der wichtigste Akteur ist. Wir alle gemeinsam sind wichtig, und Gott setzt Impulse, die wir gar nicht für möglich halten. Der Blick in die Geschichte hilft uns, das zu begreifen. Die Weltmission wird dann den Wandel gut gestalten, wenn wir einander Erfolge gönnen und ökumenisch unterwegs sind, ohne Profilierungsambitionen. Sachlichkeit, Gelassenheit und etwas mehr Differenzierung täten gut, um in den Zeiten des Wandels nicht unnötig "die Hühner scheu zu machen".

„Mission“ ist ein Konzept nicht nur ein Wort und keine "Marke ". Die corporate identity der Weltmission ist im biblischen Narrativ verortet. Nur hier liegt der sinnstiftende Kern der Mission. Das entbindet uns von dem aufgeregten Zwang, unsere eigenen Narrative aus dem Hut zu zaubern. Das, was wir in sich verändernden Zeiten und in unterschiedlichen Kontexten benötigen, sind kontextualisierte Metaphern, die den biblischen Narrativ mit den konkreten Erfahrungen und Entwicklungen kombinieren. 

Gewachsene Überzeugungen können nicht "wegkritisiert", in Gremien vom Sockel gestoßen oder vom Mainstream aus kommunikationstechnischen Gründen ausradiert werden. Wer bei der Suche nach adäquaten Antworten auf konstruktive Kritik Begriffe aufgibt, der muss das gut begründen und sich fragen, ob dadurch nicht auch Konzepte aufgeweicht und relativiert werden. Er sollte sich des Weiteren darüber im Klaren sein, dass er damit zwar einige Modernisten innerhalb und außerhalb der christlichen Blase gewinnt, aber auch den Toleranzpaternalisten* und atheistischen Fundamentalisten* in die Karten spielt.
* Toleranzpaternalisten = diejenigen, die ihre Meinung vorgeben und alle anderen, die sie nicht vertreten als intolerant ansehen
* atheistischen Fundamentalisten = diejenigen, die Gottes Nichtexistenz annehmen und Religionen für ein aussichtsloses, der Gesellschaft schadendes Gehabe ansehen

Soweit so gut mit den verbalen Spitzen und jetzt zur Sache ... 

Fortsetzung:
Teil 2: Mission - aus der Zeitgefallen | 2. Mein Statement: https://alfredmeier.blogspot.com/2023/05/mission-aus-der-zeit-gefallen-2.html
Ich formuliere meine Postion zum theologischen Konzept der "Mission" und begründe, warum ich an den Begriffen "Mission" und "Missionarin/Missionar" festhalten möchte.

Die Posts der Serie in der Übersicht:

1. Die Kritik reißt nicht ab: https://alfredmeier.blogspot.com/2023/04/mission-hor-auf-damit.html
2. Mein Statement: https://alfredmeier.blogspot.com/2023/05/mission-aus-der-zeit-gefallen-2.html
3. Die Suche nach alternativen Begriffen: https://alfredmeier.blogspot.com/2023/05/mission-aus-der-zeit-gefallen-3.html
4. Wir sind fähig zur Selbstritik: https://alfredmeier.blogspot.com/2023/05/mission-aus-der-zeit-gefallen-4-fahig.html
5. Der Umgang mit der Kritik: https://alfredmeier.blogspot.com/2023/05/mission-der-umgang-mit-kritik.html
6. Die kritischen Gegenargumente: https://alfredmeier.blogspot.com/2023/05/mission-die-gegenargumente.html
7. Die Konsequenzen bedenken: https://alfredmeier.blogspot.com/2023/05/mission-aus-der-zeit-gefallen-7-die.html

Kommentare

  1. Anonym17:16

    Hallo Alfred, da gebe ich dir voll und ganz Recht, der Begriff "Tolerenzpaternalisten" ist treffend und sehr gut - da habe ich was gelernt. HG BE

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