Politische Reife und Demokratie in Afrika

Die Textfragmente für den nächsten Fernkurs an der FATMES sammeln sich in meinen digitalen Schubladen auf meinem Computer. Es geht um das Thema „Christliche Mission, Kirche und Kolonialismus in Westafrika“. Der Kurs ist im Fachbereich Missionsgeschichte angesiedelt. Die Erarbeitung des Kurses ist mit meinen Vorgesetzten in Bamako abgesprochen. Das war mir wichtig, denn es ist ein heikles, wichtiges und sehr vielschichtiges Thema, das sich nur im respektvollen Umgang mit der Geschichte und mulitperspektivisch erörtern lässt. Ich sichte Bücher und recherchiere Verlautbarungen und Artikel aus afrikanischer und europäischer Perspektive. Gerne würde ich mich mit einem westafrikanischen Historiker austauschen. Das war bisher nicht möglich. Ich stieß auf eine interessante Fragestellung: Inwiefern haben sich Kolonisatoren vorhandener afrikanischer politischer Strukturen und Verwaltungsformen bedient? Wie steht es um das Verhältnis von postkolonialer Moderne und traditionellem Brauchtum, das oft einseitig als rückwärtsgewandt und unmodern eingestuft wird? Angesichts der aktuellen Debatten um den politischen Kurs vieler afrikanischer Länder im Kontext des Ukrainekrieges, des Aufstiegs von Militärregimen und sich verändernder Bündniskonstellationen stellt sich die Frage, inwiefern „der Westen“ Terrain einbüßt und wie die politische aber auch die kirchliche Zusammenarbeit künftig aussehen kann. Die oftmals von westlicher Seite konstatierte politische Unreife oder der mangelnde Wille zur Demokratie kann leicht in einen neokolonialistischen Diskurs münden, den es jedoch zu vermeiden gilt.

Können Afrikaner Moderne?
Afrikanische Historiker und Politologen wehren sich mit Recht dagegen, dass kulturrelevante Konzepte wie Nation oder Demokratie aus einer dominant westlichen Perspektive gedeutet werden. Unter afrikanischen Philosophen werden die Positionen zum Thema "postkoloniales Afrika" durchaus kontrovers diskutiert. Leopold Senghors "négritude" wird von Philosophen wie Henry Odera Oruka, Paulin Hountondji, Peter Bodunrin und Kwasi Wiredu relativiert, da das Konzept zu stark ethnographisch dominiert sei. Das Konzept sollte es den Afrikanern ermöglichen, sich als Gleichberechtigte unter den Völkern zu verstehen, um eine universelle Wertschätzung zu erlangen. Die Négritude, so die kritischen Stimmen, definiert sich zu stark als nach außen gerichtete Abgrenzung zur individualistischen Philosophie Europas. Alternativ plädieren sie dafür, das afrikanisch kollektive Selbstbewusstsein stärker als Potenzial und Grundlage der politischen Gestaltung zu betonen. John Mbiti formuliert alternativ zum descartschen cogito ergo sum (Ich denke, also bin ich!) dezidiert kommunalistisch: "Ich bin, deshalb sind wir; und wir sind, deshalb bin ich". Methodisch erschließt sich Afrikas Philosophie nicht einseitig in ethnophilosophischen Betrachtungen von Sprichwörtern und von Griots tradierten Erzählungen. (vgl. Dübgen/Skupien Afrikanische Phisolosophie, S. 9ff.14ff). Vielmehr sollten erkenntnistheoretische, sprachphilosophische und analytische Zugänge bevorzugt werden. So können auch die Vermächtnisse des Kollektivs und die konkreten Alltagserfahrungen systematisch analysiert und in ein philosophisches Gesamtkonzept integriert werden. Dies entspräche auch dem Ansatz von Bayart, der das gelebte Brauchtum als Quelle für Konzept- und Theoriebildung bevorzugt. Wir stellen zunächst fest, dass auch in Afrika ein Methodenstreit um die Formulierung von Theorien und Lebenskonzepten entbrannt zu sein scheint.

Die Dominanz westlicher Interpretationen betrifft die gesamte Historie des afrikanischen Kontinents. Der Narrativ, angefangen von der nordafrikanischen Antike als Provinz des imperium romanum über die mittelalterlichen Reiche und den sehr komplexen Sklavenhandel lokaler, arabischer und europäischer Prägung, bis hin zur kolonialen und postkolonialen Epoche wird von westlichen Interpretationen und Erklärungsmuster dominiert. Dann, wenn etwas nicht so funktioniert, wie es die Moderne von Afrika erwartet, dann begegnen wir einer ganzen Reihe kulturalistischer Interpretationen und politikwissenschaftlicher Einordnungen, die der afrikanischen Komplexität nicht gerecht wird und von einem gewissen rassistischen Unterton zeugen. Es wurde höchste Zeit, dass afrikanische Historiker wie der Burkinabé Joseph Ki-Zerbo (1922-2006), der Ghanaer Adu Boahen (1932-2006) oder Ade Ayaji (1929-2014) aus Nigeria ihre eigene Sicht auf "ihren" Kontinent warfen. Ki-Zerbos "Die Geschichte Schwarz-Afrikas" aus dem Jahre 1978 verhalf der afrikanischen Geschichtsschreibung aufgrund der profunden umfassenden Recherche und der zugänglichen Sprache zum Durchbruch. Das Werk verfolgt das Ziel, die eigenständigen Entwicklung Afrikas darzustellen und so zur Einheit des Kontinents beizutragen. Ki-Zerbo vertrat eine sozialistische und panafrikanische Sichtweise, die als Hintergrundfolie in seinen Veröffentlichungen und in seiner Tätigkeit als Politiker mitschwingt. Schon vorher hatte Cheikh Anta Diop (senegal. Historiker) bei seiner Untersuchung der ägyptischen Hochkultur die Wurzeln afrikanischer Geschichtsschreibung und Philosophie entdeckt und sie auf den afrikanischen Kontinent "verlegt".
Es wird behauptet, der „schwarze Kontinent“ sei nicht reif für die Demokratie, oder vom Management einer modernen Nation überfordert. Schließlich hätten auch die europäischen Nationen in einem langen Prozess erlernen müssen, wie Demokratie funktioniere. Ja, dem ist so. Die Demokratie musste überall, wo sie sich zu etablieren suchte, erkämpft und begründet werden. „Den Afrikanern“ wird zudem in herabwürdigender Weise konstatiert, dass es ja schließlich ziemlich kompliziert sei, die Hinterlassenschaften von Tradition, Tribalismus, Armut und Kolonialismus hinter sich zu lassen und eine exponierte Stellung im globalen Gefüge zu erlangen. Das Märchen von der sogenannten "Geschichtslosigkeit Afrikas" und seiner politischen Bedeutungslosigkeit zieht weiter seine Kreise, unterstützt von einem Journalismus, der dazu tendiert, die politischen Schreckensszenarien und die exotisch anmutenden und folkloristischen Elemente Afrikas zu betonen. Georg. W. F. Hegel hatte in seiner Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, (Bd. 11, Stuttgart, 1939, S. 137) behauptet, Afrika verfüge über keine reflektierenden Menschen, die dem Geist einer Geschichte zum Durchbruch verhelfen könnten. Afrikaner seien Kinder, die Geschichte erleben, aber keine aktiv hervorbringen und gestalten könnten.
Weder „afrikanische Kulturen“ an sich noch ihre Traditionen und Sitten und Gebräuche stellen ein monolithisches Denkmal dar, das sich starr von der Savanne erhebt und von Anthropologen stereoskopisch begutachtet und von Politologen als präkolonialer Referenzpunkt herangezogen werden könnte. Das Geheimnis der Traditionen und politischer Strukturen verbirgt sich vielmehr im konkreten und damit jeweils aktuellen Handeln und den sozialen Praktiken. Hier, nicht in Begriffen oder in verschriftlichten historischen Abhandlungen und Konzepten, befindet sich die Dynamik gesellschaftlicher Gestaltung und Stabilisierung, die Traditionen und Brauchtum hervorbringt. Yvonne Verdier schrieb 1979 (zit. in Bayart) : „…das Ereignis nährt den Brauch, indem es Präzedenzfälle schafft und die Gesamtheit der gewohnheitsmäßigen Gebräuche erweitert [...]. Als lokalisierter und zeitlich begrenzter Ausdruck der Gemeinschaft entzieht sich der Brauch zwei Begriffen, … : dem des Überlebens und dem der Starrheit. Jeder Brauch, jede Art, etwas zu tun, hat seine eigene Stratigraphie und Geschichtlichkeit.“ Die modernen Gesellschaften, sei es in Europa oder in Afrika, sind mittels der „Tradition der Erfindung“ entstanden.
„Das soziale und kulturelle Leben im Afrika der Jahrhunderte vor der Eroberung war im Alltag viel erfinderischer, als wir uns das heute vorstellen können“, argumentiert Jane I. Guyer (zit. in Bayart). Von daher war Afrika nie traditionell im statischen Sinne. Wir widersprechen so dem Ansatz, dass die westlichen Kulturen führungskompetent, dynamisch, erfinderisch, deutungssicher und zukunftsweisend wären und die afrikanischen führungsunsicher, tropenhaft, exotisch, statisch und einseitig rückwärtsgewandt seien. In der Geschichte Afrikas hat es immer diverse Formen des Regierens gegeben - demokratische, autoritäre oder totalitäre. Sie ergeben sich aus den Umständen, insbesondere aus dem Spiel der Akteure oder dem Kontext, in dem sie angesiedelt sind. 


Beispiele:
Autoritär:
„Es kann keine zwei männlichen Krokodile im selben Sumpf geben“, so ein afrikanisches Sprichwort. Machthaber etablieren demzufolge ein Einparteiensystem, um ihre Vormachtstellung zu behaupten. Dabei werden unter Umständen auch politische Gegner eliminiert. So zerbrach die Malische Föderation zwischen Mali und Senegal an persönlichen Differenzen zwischen Senghor (erster Präsident des Senegal) und Keita (erster Präsident Malis). Modibo Keita schaltete im Machtkampf um die Präsidentschaft im unabhängigen Mali seinen Rivalen Daba Sissoko aus. Dieser starb unter ungeklärten Umständen im Jahr 1964, nachdem er des Hochverrats für schuldig befunden und zum Tod verurteilt worden war. Die Union soudanaise-Rassemblement démocratique africain (US/RDA) blieb bis zum Sturz Keitas durch Moussa Traoré im Jahre 1968 dominierend. Traoré folgte dem autoritären Führungsstil und regierte das Land mit Hilfe einer Militärregierung und der Einheitspartei Union Démocratique du Peuple Malien (UDPM). Die Einheitsparteien wurden in den meisten afrikanischen Ländern als oppositionelles Gegenüber zur Kolonialadministration gegründet. Als die Kolonialmächte das Land verlassen hatten blieb die Einheitspartei als dominante politische Kraft übrig. 

Totalitär: Andere afrikanische Präsidenten wie Tombalbaye im Tschad, Eyadema in Togo oder Mobutu in Zaire hatten totalitäre nationalistische Pläne. Sie wollten zur afrikanischen Authentizität zurückkehren, holistische Gesellschaften bilden und forderten dabei die Rückkehr zu neotraditionellen Ritualen. Damit verbunden war der Loyalitätsschwur auf den Präsidenten als „Häuptling des Landes“, aber auch Foltermethoden.

Demokratisch: Andere Politiker bezogen sich ebenfalls auf die Tradition und etablierten demokratische Systeme. Es wurden ab den 1990er Jahren nationale Konferenzen einberufen, um Verfassungsentwürfe zu diskutieren. Dabei knüpfte man an das traditionelle Palaver an. In Südafrika geschah dies im Zeichen der Versöhnung zwischen den rivalisierenden Volksgruppen, vornehmlich zwischen der mehrheitlich ehemals unterdrückten Bevölkerung und den Buren.

Bei allen drei genannten Formen haben afrikanische Intellektuelle mit einem geschickten Rückgriff auf die präkoloniale Tradition versucht, die jeweilige Form des Regierens zu rechtfertigen.

Demokratische Formen werden im Spannungsfeld von Rückgriff und Fortschritt entwickelt.
In der jüngeren Geschichte beobachten wir, dass die Sozialisation im subsaharischen Afrika einen demografischen Wandel durchlaufen hat. Die Bevölkerung ist von 100 Millionen im Jahre 1900 auf 700 Millionen im Jahr 2000 gestiegen. Heute sind es ca. 1,5 Milliarden Menschen. Hinzu kommen dynamische Migrationsbewegungen. Die demokratische Mobilisierung fand vornehmlich in den urbanen Zentren statt. Traditionelles Brauchtum, die Politik in den Zeiten der Unabhängigkeitsbewegungen und die ersten Versuche der Demokratisierung sind vielen jungen Menschen nicht mehr bekannt. Bei der beschleunigten Veränderung ist es unangebracht, auf die „Unbeweglichkeit“ afrikanischen Brauchtums zu verweisen, so wie es der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy in seiner Rede, die er am 26. Juli 2007 an der Cheick-Anta-Diop Universität in Dakar hielt, suggerierte.

Die Suche nach adäquaten Formen politischen Handelns nährt sich sowohl aus der Tradition als auch aus jüngeren mobilen und von den alltäglichen Herausforderungen geprägten Aspekten.
Die Probleme bei der Umsetzung stabiler demokratischer Strukturen wird im Westen mit den Verzerrungen der afrikanischen Gesellschaften begründet, die die Kolonisierung mit sich brachte. Die willkürlichen Grenzziehungen hätten die urtümlichen sozialen Bindungen auseinandergerissen und die Gestaltung des politischen Lebens in der postkolonialen Phase erschwert. Der Nationalstaat sei ein westliches importiertes Konzept und entspräche nicht der afrikanischen Kultur und ihrem Charakter. Der Westen versucht von daher, afrikanische Politik als gescheitert zu erklären oder zumindest zu problematisieren. Aus dieser Kritik werden zwei Interventionsmechanismen abgeleitet: 

a. Erteilen von Nachhilfeunterricht in Sachen moderner Politik (z.B. Dezentralisierungsmaßnahmen durch politische Stiftungen, finanzielle Steuerungsmechanismen, Entwicklungspolitik und Kampf für Rechte von Minderheiten und Frauen). „Wir erklären euch modernes Recht und helfen euch bei der Umsetzung!“
b. Akzeptieren der Legitimationsdiskurse und Unterstützung autoritärer afrikanischer Präsidenten, ohne deren starke Hand Afrikas Tribalismus, politische Unmündigkeit und „Unterentwicklung“ nicht zu überwinden sind. „Wir kooperieren mit sich über Verfassungsrecht hinwegsetzenden Despoten, weil nur sie als durchschlagskräftige Partner in Frage kommen!“ Die meisten autoritären Präsidenten haben diese externe Legitimationsressource genutzt und missbraucht, lange nachdem sie nach dem Ende des Kalten Krieges aus diplomatischer und strategischer Sicht nicht mehr gerechtfertigt war. Wenn nötig, scheuten sie sich nicht davor, eigenmächtig Unruhen zu provozieren, um ihre ausländischen Unterstützer von der Notwendigkeit des Despotismus zu überzeugen. 

Quellen demokratischen Wandels
Es wurde behauptet, dass afrikanische Leader lediglich ihnen fremde politische Ideologien kopieren würden, bewusst oder als Marionetten eines sozialistischen oder rechtsgerichteten Systems. Im Westen ist man stolz auf das Ende des Kalten Krieges und den Fall der Berliner Mauer und denkt, dass dies „der ganzen Welt“ einen demokratischen Schub verliehen hätte. Diese These wurde auch 1990 auf der französisch-afrikanischen Konferenz von La Baule gebetsmühlenartig wiederholt. Historisch gesehen muss diese Ansicht in ihrer Absolutheit relativiert werden. Die Proteste gegen das Regime von Präsident Mathieu Kérékou in Benin gingen dem Zusammenbruch der DDR um Monate voraus, und es war der Präzedenzfall Benins und seines Modells der Nationalkonferenz, der die anderen autoritären Situationen auf dem Subkontinent destabilisierte. Hinzu kam der Sturz von Ceaucescu, einem alten Verbündeten von Mobutu und Mugabe, der Afrikaner auf die Straße trieb. Es war der Schrei der Mütter, Arbeiter und Studenten der von den verstaubten afrikanischen Straßen in die Paläste drang und die autoritären Eliten zwang, ein Multiparteiensystem zu akzeptieren. Die ausländischen Ereignisse, die in den verschiedenen Ländern des Subkontinents ein nachhaltiges, revolutionäres Echo erzeugten waren - neben der Revolution in Benin:
  • der Verfassungsputsch in Tunesien im November 1987
  • die Unruhen in Algerien, im Herbst 1988 (Ende des Einparteienregimes)
  • die Freilassung Nelson Mandelas im Februar 1990 in Südafrika

Die Befürwortung des Mehrparteiensystems ist in Wirklichkeit eine Renaissance der ambivalenten Parteiengründungen nach dem Zweiten Weltkrieg und in der Zeit der Unabhängigkeit. Die politische Elite, auch die autoritäre, versuchte unter dem Deckmantel der Demokratie ihre Position zu festigen. Die dem demokratischen Prozess inhärenten Maßnahmen und Optionen wie wirtschaftliche Liberalisierung, Privatisierungen und damit verbundene Strukturanpassungsprogramme, das Kultivieren politischer Opposition und der Versuche diese zu spalten wurden von den etablierten Machthabern geschickt genutzt. Die Folge war, dass einige Wenige den Bergbau (Goldminen z.B.) und die internationalen Geldflüsse kontrollierten. Der letzte demokratisch gewählte und inzwischen verstorbene Präsident Malis, Ibrahim B. Keita, versuchte die Menschen Malis vor seiner letzten Wahl mit dem Slogan „Die Nation zuerst!“ hinter sich zu scharen. Die Mehrheit wählte ihn. Die Bevölkerung ließ ihn gewähren, befand nach einem Jahr aber, dass es eher heißen müsste: „Der Familienclan zuerst!“ Hinter der lokalen Kritik steht die latente Gefahr, dass sich aktuelle Machthaber und der sie umgebende familiäre und politische Klan am Gesamtvermögen des Staates bereichern, ohne dass sich die prekären Lebensumstände der Mehrheit der Gesamtbevölkerung entscheidend verbessern würde.
Die westlichen Auflagen einer administrativen oder politischen Dezentralisierung zur Bildung einer mündigen Zivilgesellschaft, lokaler Demokratien und Anerkennung von „Minderheiten“ wurden genutzt, um aufkommende regionale Konflikte zur Schwächung der Opposition und Festigung der eigenen Macht oder Umstürzen zu nutzen. Bei der Förderung regionaler Identität besteht immer die Gefahr eines überbordenden Ethnizismus, der sich auf Traditionen und kulturelle Authentizität beruft und damit die Denunziation anderer rechtfertigt. So beobachten wir nach dem Tod von Houphouët-Boigny in der Elfenbeinküste das Aufflammen politischer, sozialer Konflikte und territorialer Spaltungen. Ethnische Säuberungen und das Schüren von Vorbehalten treten erschwerend hinzu (z.B. die Akazu der Hutu Power in Ruanda von 1990 bis 1994 oder die "Beti-Lobby" in Kamerun mit der Operation Mygale von 1990-1993). Robert Mugabe, der inzwischen verstorbene Langzeitpräsident Simbabwes, hat unter Berufung auf die afrikanische Kultur die Demokratie und das Mehrparteiensystem scharf kritisiert und beides mit der Homosexualität gleichgesetzt, die er ebenfalls verteufelte.

In einigen Staaten hielt sich die Demokratie recht lange wie z.B. in Sambia, Senegal und der Elfenbeinküste, Mali, Burkina-Faso, Ghana und Botswana. In letzter Zeit haben sich in einigen dieser Staaten die Militärs wieder an die Macht geputscht, ohne jedoch die Demokratie langfristig außer Kraft setzen zu wollen. In Mali sind wir gespannt, ob und wann die nächsten demokratischen Wahlen stattfinden werden.
In anderen Ländern haben sich die autoritären Herrscher demokratischen Gepflogenheiten angepasst und konnten so ihre Macht sichern wie z.B. Mathieu Kérékou in Benin, der 1991 gestürzt wurde und 1996 als Sieger aus demokratischen Wahlen hervorging und wieder Präsident des Landes wurde. Darüber hinaus gibt es Länder, die offen autoritär regiert werden wie z.B. Simbabwe, Guinea, Äquatorialguinea, Angola, Kongo-Brazzaville, Demokratische Republik Kongo, Ruanda und Uganda.

In Kenia wurde die Wahl 2007 von gewaltsamen Auseinandersetzungen begleitet. Was ist eine Demokratie wert, wenn die Wahlergebnisse nicht respektiert oder manipuliert werden?

Die Demokratie hat die politische Landschaft afrikanischer Länder verändert. Auch autoritär denkende und agierende Machthaber oder Militärregime müssen sich daran messen lassen. Mehrparteiensystem, Pressefreiheit sowie Vereinigungs- und Versammlungsrecht sind zu Parameter gesellschaftlicher Organisation geworden. Jean-François Bayart (franz. Politologe) konstatiert zu Recht: „Diese Neuformierung der politischen Gesellschaften südlich der Sahara, unabhängig davon, ob sie durch ordnungsgemäße Wahlwechsel erfolgt sind oder nicht, ist ihrerseits Teil der Dimension der Tradition, deren widersprüchliche Äußerung eine bevorzugte Arena für soziale Kämpfe darstellt und die Auseinandersetzungen zwischen ihren verschiedenen Protagonisten vermittelt …“.

Kolonialisierung und politische Strukturen
Schon in der Kolonialzeit haben westliche Mächte sich traditioneller Verwaltungsformen bedient, um ihre Herrschaft zu etablieren. Bayart resumiert: „Die Briten taten dies mit dem Aschanti-Königreich an der Goldküste, dem Kalifat von Sokoto und den Yoruba-Königreichen in Nigeria oder dem Königreich Buganda in Uganda, die Franzosen mit den „Grand Commandments“ (traditionelle Regionen) in Westafrika oder den Foulbé-Lamidats in Nordkamerun (Herrschaftsgebiet der Foulbé, einer in Nordkamerun ansässigen Volksgruppe), die Belgier mit den Königreichen von Burundi und Ruanda. Oder sie schufen sie aus dem Nichts, indem sie von ihnen identifizierte Persönlichkeiten kooptierten, sie zu „chefs de canton“ (Kantonsverwalter) ernannten und auf diese Weise notarielle Protodynastien begründeten, …“. Briten, Franzosen und Deutsche haben auf local chiefs und auf die von ihnen etablierte Strukturen zurückgegriffen. Damit steht fest, dass es in präkolonialer Zeit Traditionen politischer Verwaltung gab, die höchst effektiv waren. Die den Engländern zugeschriebene indirect rule (indirekte Machtausübung unter Zuhilfenahme lokaler Herrscher) und die von den Franzosen praktizierte direct rule (direkte Machtausübung durch Einsetzung eigener Beamter) lässt sich in dieser kategorischen Weise nicht aufrechterhalten. Die Kolonialmächte haben je nach Aussicht auf Erfolg flexibel gehandelt und konnten dabei auf ein ganzes Repertoire an Optionen (Neotraditionen) lokaler Formen zurückgreifen, die der afrikanischen Traditionsschmiede erwachsen sind. Die indirect rule kann mit Fug und Recht als eine konservatorische Form betrachtet werden, die es erlaubte, lokale Bräuche besonders in ländlichen Räumen zu bewahren und die Bevölkerung, auch die jüngst zum christlichen Glauben konvertierten, vor zu starker westlicher Beeinflussung in urbanen Zentren und damit vor ihrer „Detribalilsierung“ zu schützen (vgl. Bruno Gutmann und die Theologie der „urtümlichen Bindungen“ in Tansania oder die kritische Haltung amerikanischer Missionare in Westafrika, Kinder aus christlichen Familien in französische Kolonialschulen zu schicken).

Die Kolonialverwaltung wurde ihrerseits zu einer traditionsschaffenden Instanz. Die heutige Bürokratie und Rechtsprechung in vielen afrikanischen Staaten geht auf kolonialen Einfluss zurück. Die interregionale Migration vom Land in die Stadt trug zur Bildung einer Arbeiter- und Funktionärsklasse bei, die mit der Vermittlung westlicher Werte und zivilisatorischer Standards nach westlichem Vorbild einherging (z.B. Schulbildung, medizinische Versorgung, spätere Gewerkschafts- und Parteienbildung).
Die dynamische Nutzung der Traditionen spiegelt sich auch in der Renaissance der Häuptlingsdynastien wider, die wir z.B. in Ghana, Benin, Burkina Faso, Nigeria, Kamerun und Uganda feststellen können. „In vielen Regionen des Subkontinents sind sie ein wichtiger Bestandteil der Herrschaft, an der Schnittstelle zwischen Zwang und Legitimität, Ausbeutung und Umverteilung, Öffnung für die große weite Welt der Globalisierung und der wirtschaftlichen Modernisierung, aber auch der Reproduktion von Bräuchen. Daher sind sie nach wie vor Schauplätze sozialer und politischer Kämpfe, insbesondere zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Älteren und Jüngeren“, so Bayart. Auch kulturelle Riten wie Tänze und Maskeraden werden in die neue Zeit überführt und dienen sowohl als „soziopolitische Regulierung“ als auch der Wahrung des Brauchtums. Anthropologen sprechen in diesem Zusammenhang von einem „sozialen Körpergedächtnis“ (Jane I. Guyer, zit. in Bayart).
Auch die Struktur der Häuptlingsherrschaft ist also eine „Erfindung der Tradition“, die sich der indirect rule und des „dezentralisierten Despotismus“ (Rechenschaftspflicht herrschaftlicher Repräsentanten) bediente.

Fazit:
Autoritäre, totalitäre und demokratische Formen der Politik sind eingebettet in den Prozess, der das Brauchtum in die Moderne überführt. Politiker, die sich von ihrem Selbstverständnis als traditionelle chiefs verstehen, treten in westlichen Designeranzügen vor die Kamera und zelebrieren so ihre Modernität. In der Elfenbeinküste wird die „Ivorität“ (also die der Elfenbeinküste eigene kulturelle Mentalität) beschworen, was sowohl kulturerhaltend wirkt als auch modern, denn „Ivorität“ umfasst auch die Fragen nach Nation und staatsbürgerlicher Zugehörigkeit, Wahlrecht oder Zugang zu Landbesitz.
Die „afrikanische Demokratie“ wird aus der realen Konzeption des täglichen Lebens hervorgehen nicht aus philosophischen, literarischen oder politologischen Studierstuben und auch nicht unter von außen produziertem Druck. In der Praxis wird es „zu einer unaufhörlichen Rekonstruktion des historischen Gedächtnisses“ kommen, das sich mit der Moderne und ihren Herausforderungen verbindet. So kann die undemokratische, weil nicht gewählte malische Militärregierung, die an sich autoritär agiert, in bestimmten Bereichen z. B. bei der Erarbeitung der neuen Verfassung religiöse und zivilgesellschaftliche Gruppen in die Beratungen einbeziehen, als eine Form situativer partizipativer Demokratie. 

Vor, während und nach der Kolonialisierung waren die unterschiedlichen politischen Formen ein Schauplatz, auf dem um die jeweils adäquate Lösung gerungen wurde. Verschiedene Machtzentren gaben sich so die Klinke in die Hand - angefangen von der Legitimität despotischer Autoritätsausübung, über gesellschaftlichen Pluralismus und dessen Eingrenzung, von Integration oder Ausschluss, von Ausbeutung und deren Begrenzung, von Gehorsam und Dissidenz. 

Afrikanische Gesellschaften können auf ein großes Repertoire administrativer und politischer Formen zurückgreifen.
Die Einstufung der Tradition als einseitig retrogrades Phänomen gegenüber der dynamischen Moderne des Westens verbietet sich. In allen Kulturen gibt es Traditionsbildung, die prozesshaft mal aus philosophischen Grundsatzüberlegungen oder aus machtpolitischem Interesse oder aus Erfahrungen im Sinne von situativer best practice erwachsen ist und beides beinhaltet – zu stabilisieren und zu modernisieren.
Wenn Nation, Demokratie und andere Formen gesellschaftlicher Gestaltung in der Geschichte Afrikas angelegt sind, wovon afrikanische Politologen überzeugt sind, dann ergibt sich daraus eine stärkere Verantwortung und mehr Selbstbewusstsein seitens afrikanischer Politiker. Den Schatz der Tradition und des kulturellen Erbes zu heben bedeutet auch, sich mit den historischen Ambivalenzen, dem Scheitern und der eigenen Verantwortung auseinanderzusetzen.  

Ibrahima Thioub (Historiker an der Universität Cheikh Anta Diop in Dakar) hat bisher vergeblich versucht, die Eigenverantwortlichkeit lokaler Machthaber und deren Verstrickung in die moderne Sklaverei zu thematisieren. Bei einem Besuch auf der Dakar vorgelagerten "Sklaveninsel Gorée" im Jahr 2004 hatte ich die Gelegenheit einen Einblick in den transatlantischen und innerafrikanischen Sklavenhandel zu erhalten. Unvergesslich ist die Begegnung mit dem im Jahre 2009 verstorbenen enthusiastischen Leiter des Sklavenhauses Boubacar Joseph Ndiaye. Thioub, weniger einseitig als sein Landsmann Ndiaye, unterstreicht, dass die ehemaligen Sklavenforts, die jetzt zum großen Teil zu Gedenkstätten der Sklaverei und Weltkulturerben umgewandelt wurden, nur die halbe Wahrheit erzählen. Die präkolonialen Reiche wie das der Asante (Ghana), der Futa Jallon (Guinea) oder der Abomey (Benin) waren bedeutende Drehscheiben des Sklavenhandels in Westafrika. Die jungen Sklaven kamen aus dem Inneren, aus dem Tschad, Burkina-Faso und dem Niger. Es waren einige Klans, die den traditioniellen Sklavenhandel von Mauretanien bis in den heutigen Sudan kontrollierten und später mit den Europäern Geschäfte machten. Einem westlichen Historiker würde man dieses dezidierte Statement nicht ohne Weiteres zugestehen, aber aus dem Munde eines senegalesischen Historikers klingt das authentisch und gerechtfertigt. Thioub hat unter anderem in folgenden Beiträgen auf die Komplexität des Sklavenhandels hingewisen: "L’esclavage à Saint-Louis du Sénégal au XVIIIe-XIXe siècle" (2008/2009), "Esclavage et traites des esclavages en Afrique. Histoire et actualité" (2012). Die kontroverse Debatte zu diesem heiklen Thema würde die "Einstimmigkeit der Nation" und das panafrikanische Narrativ gegenüber dem Westen unterlaufen. Für unsere Überlegung gilt zu resümieren: Wer Reiche aufbauen, sie verwalten und in den Weiten Westafrikas wirtschaftliche Netzwerke aufbauen kann, dem kann man nicht unterstellen, politisch bzw. managementtechnisch inkompetent zu sein.

Der wiederkehrende Verweis auf die koloniale Schuld des Westens oder die mangelnde Vorbereitung auf das postkoloniale Zeitalter erweist sich, zumindest was die aktuelle Gestaltung des öffentlichen Lebens angeht, angesichts des Reichtums an im positiven wie im negativen Sinne "erprobten" Formen als zu einseitig. 

Olúfémi Táiwó, nigerianischer Philosoph und Mitbegründer der International Society for African Philosophy, fragt sich, wieso die von afrikanischen Staatsmännern und Intellektuellen vertretenen politischen, demokratischen und humanen Ideen allzu oft in den Wirklichkeiten des politischen und gesellschaftlichen Lebens scheitern oder sich verändern hin zu autokratischen, diktatorischen und korrupten Systemen. (vgl. Schnurer)

Jean-François Bayart, ist der Meinung, dass die den vorkolonialen afrikanischen Gesellschaften innewohnenden Systeme der Ungleichheit und Herrschaft ihre eigene historische Dynamik haben. Folglich können postkoloniale nationale Konstruktionen nicht allein unter dem Gesichtspunkt ihrer Beziehungen zu den westlichen Mächten und ihrer Position in der Weltwirtschaft verstanden werden. Afrikanische Staaten müssen daher in ihrer Geschichtlichkeit analysiert werden, was bedeutet, dass die Machtverhältnisse innerhalb der zeitgenössischen afrikanischen Gesellschaften untersucht werden müssen - insbesondere die Rolle, die die dominante Klasse in ihren Gesellschaften spielt, um alle Parameter zu aktualisieren, die die Gegenwart und die Zukunft dieser Staaten beeinflussen. 

Paulin Jidenu Hountondji, Philosoph aus der Elfenbeinküste, hinterfragt die „globale Ethik“ der von den Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 proklamierten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Sie sei westlich, individualistisch und kapitalistisch dominiert und die spezifischen, historisch und kulturell entstandenen Lebens- und Rechtsauffassungen von Völkern aus der sogenannten Dritten Welt würden nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Er fordert, die bereits in der vorkolonialen Zeit in Afrika praktizierten, individuellen und vor allem kollektiven Lebenslehren und -praktiken zu entdecken und für die politische Lebensgestaltung neu fruchtbar zu machen. (Schnurer)

Lukas K. Sosoe, Professor für Ethik und politische und juristische Philosophie an der Universität Luxemburg, vertritt die Meinung, dass Panafrikanismus und afrikanische Identitätsphilosophien einer reaktiven Anthropologie entspringen, die möglicherweise eine metaphysische Bedeutung für das Verständnis des postkolonialen Afrikas haben, aber das Management des postkolonialen Staates nicht legitimieren können. Afrika, so Sosoe, benötigt keinen Weg der kulturellen Abgeschlossenheit, sondern eine Öffnung hin zu den universellen Werten menschenwürdigen Handelns, wozu Freiheitsrechte und auch Demokratie zählen. „Es bleiben nur die gleichen Rechte und gleichen Freiheiten, um den postkolonialen afrikanischen Staat zu legitimieren. Die Afrikaner würden dadurch nicht ihre kulturelle Identität verlieren, denn es handelt sich um Prinzipien, abstrakt, formal, die in verschiedenen soziokulturellen Kontexten und in den verschiedenen symbolischen Universen, in denen sie angewandt werden, unterschiedliche Formen annehmen. Unsere These ist, dass gleiche Rechte und gleiche Freiheiten Vorrang vor den kulturalistischen Diskursen in Afrika haben sollten.“ 

Der ghanaische Philosoph Kwasi Wiredu plädiert für eine Dekolonisierung der Begriffe. Der interkulturelle Dialog und das konstruktive Streiten um politische Konzepte kann nur dann gelingen, wenn die Begrifflichkeiten und Weltbilder angepasst werden. Die Methode der Konsensentscheidung "unter dem großen Baum" kann als Modell dienen, wenn sie nicht durch ein Einparteiensystem missbraucht wird. „Die Komplexität unseres heutigen afrikanischen Lebens macht die parteilosen Vorläufer traditioneller afrikanischer Politik also nicht nur nicht überflüssig, sondern sogar unersetzlich“ (in Schnurer).

Emmanuel Chukwudi Eze (US-nigerianischer Philosoph) warnte hingegen vor einer Überbewertung der traditionellen "Demokratie des Konsenses", da die demokratischen Werte, wie z. B. „Selbstbestimmung“, „Gleichberechtigung“, „Mitbeteiligung“, „Freiheits- und Minderheitenrechte“ nicht genügend berücksichtigt und vom kollektiven Geist der Entscheidungsfindung überdeckt werden. (vgl. Schnurer)

Léopold Sédar Senghor, erster senegalesischer Präsident, gab zum Besten: „Ohne Demokratie gibt es keinen Fortschritt, es gibt keine wirkliche Zivilisation [...], die Demokratie ist die wichtigste Voraussetzung für die harmonische Entwicklung einer Nation“. Dies sagte er als Mitbegründer der Philosophie der „Négritude“, die sich vehement für den Erhalt der kulturellen Identität Afrikas stark machte. Demokratie und kulturelle Identität können also koexistieren, nicht zuletzt deshalb, weil es in der afrikanischen Tradition demokratische Elemente gibt. 

Kooperationen mit afrikanischen Ländern nur dann aufrecht zu erhalten, wenn diese Demokratie nach westlichem Vorbild gestalten, das wäre diplomatisch unklug und Ausdruck kindischen Neokolonialismus‘. Wenn Demokratie ein so wertvolles Gut ist, das sogar wert ist im In- und Ausland, selbst am Hindukusch und in der trockenen Sahara mit Waffen verteidigt zu werden, dann sollte es den Menschen in den jeweiligen Kulturräumen überlassen sein, ob sie dieses demokratische Gut auch wollen, es als universellen Wert erkennen und wie sie es ausgestalten und begründen. Diese Erkenntnis kann nicht "deklariert" werden, sie muss sich in den soziokulturellen Kontexten erschließen, und jeder Kulturraum muss die Freiheit haben, adäquate demokratische Formen zu entwickeln. Auch das Konzept der "Nation" bedarf einer kontextnahen Begründung und Ausgestaltung.
Es müssen Fragen erlaubt sein: Gehört das Multiparteiensystem unbedingt zu einer Demokratie? Muss es überhaupt Partein geben, um demokratisch zu sein? Können Repräsentativität und demokratische Partizipation nicht auch mit Hilfe traditioneller Strukturen gewährleistet werden? Inwiefern können die mittelalterlichen Reiche z.B. in Westafrika helfen, eine moderne Definition von Nation zu formulieren?

Es lohnt sich nur dann für ein System einzutreten und es zu verteidigen, wenn es tief im Bewusstsein verwurzelt ist und sich in der Praxis als relevant erwiesen hat. Keine ausländische Instanz ist autorisiert, die Bewertung an der Stelle der Bevölkerung vor Ort vorzunehmen. Auch hier gilt: Demokratie ist Herrschaft des Volkes.

Literatur- und Quellenhinweise:
Jean-François Bayart. 2009. La démocratie à l'épreuve de la tradition en Afrique subsaharienne (Pouvoirs, No. 129)
Lukas K. Soso. 2009. Postcolonialité et légimitité du pouvoir politique en Afrique. Le Portique, Revue de philosophie et de sciences humainses, No. 39-40
Bartholomäus Grill. 2021. Afrika! Rückblicke in die Zukunft eines Kontinents. Siedler-V.
Franziska Dübgen/ Stefan Skupien. 2015. Afrikanische politische Philosophie: Postkoloniale Positionen. Suhrkamp
Paulin Hountondji. 1993. Afrikanische Philosophie – Mythos und Realität, Berlin
Joseph Ki-Zerbo. 1979. Die Geschichte Schwarz-Afrikas. Hammer-V. 
Jos Schnurer. Rezension vom 22.04.2016 zu: Franziska Dübgen, Stefan Skupien (Hrsg.): Afrikanische politische Philosophie. Postkoloniale Positionen. Suhrkamp Verlag (Berlin) 2015. In: https://www.socialnet.de/rezensionen/20696.php, Datum des Zugriffs 19.04.2023. 

Gibt es konkrete Beispiele für Demokratie aus vorkolonialer und kolonialer Zeit? Dazu später mehr.

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