Mali | George C. Reed - begeistert von großen Pionieren

Da liegen schon einige Jahre dazwischen. George C. Reed, einer der großen Pioniere der protestantischen Missionsarbeit in Mali, hatte bereits 1951 seinen verdienten Ruhestand angetreten. Wir sind erst 1988 nach Mali gekommen. Doch die Spuren seiner Arbeit sind immer noch zu sehen, ein Grund genug, auf Entdeckungsreise zu gehen, um Reed und seine Arbeit etwas näher kennenzulernen.
George C. Reed lebte von 1872 bis 1966. Nach seiner theologischen Ausbildung am Oberlin College wurde er 1896 Missionar der Gospel Missionary Union (GMU) und begann schon ein Jahr später eine pioniermissionarische Arbeit in Marokko. Dort lernte er Arabisch und einen schwierigen Dialekt der Berber (Shilha). Er blieb bis zum Start der Arbeit in Mali in Nordafrika. Seine Zeit dort wurde lediglich von einigen Reisen unterbrochen. Gemeinsam mit seinem Vetter Clinton übersetzte er in Marokko die Evangelien Matthäus und Johannes, die Apostelgeschichte und den Brief an die Römer ins umgangssprachliche Arabisch. 
Bereits 1903 machte die Nachricht in einigen britischen und amerikanischen Zeitungen die Runde, die Missionare der GMU seien in Gefahr. 1911 war zu lesen, George Reed sei in den Bergen von Marokko verschollen. Das Gerücht bestätigte sich. Die Berber hatten ihn entführt und gefangen genommen. Trotzdem warnte sein Vetter Clinton, der Marokko bereits 1909 wegen des Gesundheitszustandes seiner Frau verlassen hatte, davor, die französischen Kolonialsoldaten zur Hilfe zu rufen. "Das", so Clinton Reed, "würde das Ende der Missionsarbeit bedeuten und das Leben aller Missionare aufs Spiel setzen." Stattdessen setzte man auf direkte Kontakte mit den Berbern - mit Erfolg. Hier zeigen sich Parallelen zur aktuellen Entwicklung in Mali.
Das Jahr 1913 bedeutete einen großen Einschnitt. Die GMU hatte vor, in Mali eine Arbeit zu beginnen, vielleicht auch deshalb, weil die Arbeit im Maghreb immer gefährlicher wurde. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts waren Reisen an die westafrikanische Küste durchgeführt worden. Die Anfänge waren jedoch wegen des Todes vieler Mitarbeiter gescheitert. Gegen Malaria und Gelbfieber gab es damals noch keine Medikamente. So wurde Westafrika zum Grab des weißen Mannes. Dieser Ausspruch findet sich in zahlreichen missionsgeschichtlichen Darstellungen. Doch trotz aller Rückschläge lebte die Vision weiter.
Im Jahr 1913 begleitete Reed George S. Fisher (1856-1920), den Gründer der GMU, bei der allerersten Reise protestantischer Missionare in den französischen Sudan. Fisher arbeitete zuvor mit der African Inland Mission gemeinsam mit Peter Cameron Scott. Doch wegen strategischer Meinungsverschiedenheiten trennten sich die beiden und Fisher gründete die GMU, um künftig stärker in Westafrika zu arbeiten. Trennungen sind meist unschön, aber manchmal nützlich.

Die Reise von Fisher und Reed führte sie quer durchs Land bis in die sagenumwobene Stadt Timbuktu im Norden des Landes. Dort blieben sie sechs Wochen. Sie nutzten die Zeit, öffentlich zu predigen und zu lehren. Bisher war es schwierig für protestantische Missionen im Französisch Sudan zu arbeiten. Der Vertrag von St. Germain nach Beendigung des 1. Weltkrieges brachte jedoch die erhoffte Wende. Die Beziehung zwischen Frankreich und den USA verbesserte sich. Die Türen waren offen. Reed und zwei Begleiter nahmen 1919 in Bamako ihre Arbeit auf. Bamako war von den Franzosen zur Hauptstadt von Französisch-Westafrika ernannt worden und entwickelte sich zu einer strategisch wichtigen Handelsmetropole. Von dort aus durchzogen Reed und sein Team  zu Fuß das Hinterland. Als ich mit einem malischen Pastor über Reeds Geschichte sprach erzählte er: "Das Gepäck der Missionare wurde damals von malischen Helfern durch die Gegend geschleppt. So ist langsam aber sicher der Eindruck entstanden: Die Weißen sind uns immer einen Schritt voraus. Sie verfügen über die nötigen Mittel. Die können sich das leisten. Später kam ein Fahrrad dazu und ein Motorrad. Von diesem Fortschritt und dem Lebensstil der Fremden wollte man natürlich profitieren." Von daher ist es nicht verwunderlich, dass bis heute Weiße für Dienstleistungen und Waren durchschnittlich mehr bezahlen als der malische Normalbürger. 
Wo immer es möglich erschien, predigte Reed auf öffentlichen Plätzen. Ein systematisches Besuchsprogramm diente als Methode der Nacharbeit und kontinuierlichen Betreuung. 
Zahlreiche Gemeinden sind in der Folge in den bereisten Gebieten entstanden und haben den Weg für nachfolgende Missionare und malische Kollegen frei gemacht. In Bamako entstand im Laufe der Jahre die größte Gemeinde des Landes. Den großen Lehmbau haben wir Ende der 1980er Jahre noch kennengelernt. Heute ist er längst einem großen, modernen Gemeindezentrum gewichen. 
Eine herausragende Leistung erbrachte Reed auf linguistischem Gebiet. Er übersetzte mit Hilfe malischer Muttersprachler große Teile der Bibel in Bamanan, einer wichtigen Handelssprache Westafrikas. Zunächst wurde das Neue Testament 1937 von der British and Foreign Bible Society herausgegeben. Die gesamte Bibel wurde bis zum Jahr 1963 fertiggestellt und gedruckt als Reed selber schon im Ruhestand war. Das bedeutete jahrelange Kleinstarbeit an biblischen Texten. 
1950 erhielt Reed eine besondere Ehre. Er wurde auf dem öffentlichen Platz in Bamako vom französischen Minister der Kolonien mit dem Kreuz der Ehrenlegion geehrt. Nach 54 Jahren Dienst in Marokko und Mali zog er sich 1951 79-jährig aus der Arbeit zurück.
Heute trägt die Bibelschule in Bougouni seinen Namen - Institut Biblique Reed, an dem ich in den 1990er Jahren unterrichten durfte.
Solche Biographien, wie die von George C. Reed, sind begeisternd. Mich beeindrucken der Pioniergeist und das Durchhaltevermögen, unter ungünstigen äußeren Bedingungen einer Vision treu zu bleiben und durchzuziehen. 54 Jahre Missionsarbeit in Marokko und Mali, immer am Ball bis ins hohe Alter. 
Als wir über Reed ins Gespräch kamen sagte Christiane: "54 Jahre, das ist eine Menge. Ihm muss seine Arbeit aber wirklich gefallen haben." Ich musste  lachen. So einfach ist das manchmal, und so muss es sein. Es ist nicht nur ein biblisches Mandat, das uns antreibt, oder eine Missionsgesellschaft, die uns einen Arbeitsplatz zuweist. Es sind nicht nur Partner, die uns einladen und für ihre Projekte begeistern wollen. Missionsarbeit ist in erster Linie eine Herzenssache, Spaß an Herausforderungen sowie Lücken zu sehen und sie zu füllen. Dazu kommt die Überzeugung, mit dem, was man da tut, dem Herzen Gottes nahe zu sein und alle Kräfte und intellektuellen Fähigkeiten Gott zur Verfügung zu stellen. Diese Kombination lässt uns Hindernisse überwinden und dran zu bleiben.

Quellen: 
Reeds Briefe und Berichte wurden in Gospel Message (1897-1952), einer Zeitschrift der GMU, veröffentlicht. Die GMU besitzt "George C. Reed and the French Sudan", ein Manuskript von Dick L. Darr, das auf Artikeln in der Gospel Message, mündlichen Geschichtsinterviews mit Reeds frühesten Mitarbeitern und persönlichen Gesprächen mit Reed in seinen Ruhestandsjahren basiert. Siehe auch Don P. Schidler, Heldentaten des Glaubens (1982), S. 114-121 source photo: phila-dico.soforums.com; avanbt ministries (GMU) headquarter, E. Anderson

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