Mande | unterwegs im Herzen Malis


Beeindruckende Felsformationen säumen die asphaltierte Straße von Bamako nach Siby. Die gute Regenzeit ist auch im Mande, dem historischen Kernland im Südwesten Malis, noch sichtbar. Ein Teil der Baumwolle und des Sorgho (Hirsesorte) stehen noch und warten auf die Ernte. Die Gärten sind grün. Unser Ziel ist ein kleines Dorf westlich von Siby. Einige Christen, die sich dort in den letzten Jahren angesiedelt haben, hatten Vertreter unseres Partnerbundes UEPEM zu einer Visite eingeladen.

Wir begleiten den Präses unseres Gemeindeverbandes Enoc S. und sind gespannt auf die Menschen, denen wir dort begegnen und die Landschaft. Unterwegs treffen wir einen pensionierten Lehrer, der sich die Zeit nimmt, uns den Weg zum vereinbarten Treffpunkt in Siby zu zeigen. Wir nutzen die Gelegenheit, um uns über das malische Schulsystem auszutauschen. Linguistische Feinheiten des Bamanan und der französischen Grammatik, lokale Geschichte und Neokolonialismus sind weitere Themen. Der alte Lehrer meint: "Neokolonialismus ist viel gefährlicher als der historische Kolonialismus. Die Kolonialisten kannst du rauswerfen, aber ihr fremdes Gedankengut, die wirtschaftlichen und ideologischen Vorgaben bleiben." Für was eine Autofahrt nicht alles gut ist. Solche zufälligen Begegnungen mit ortskundigen Leuten sind sehr bereichernd. In Siby werden wir von einem Vertreter aus unserem Zielort in einem Restaurant empfangen, das einem ehemaligen Minister gehört und der uns spontan zum Essen einlädt. Das war alles nicht geplant, und trotzdem haben wir diesen Zwischenstopp sehr genossen. 
Wir verlassen die asphaltierte Straße, und kurz nach dem Ortsausgang von Siby biegen wir in den Busch ab. Nur 40 km liegen zwischen Siby und unserem Zielort. Doch die Fahrt über die ziemlich buckeligen Sand- und Felspisten dauert über eine Stunde. Das Savannengras ragt fast bis an das Autodach. Enge, staubige Straßen, auf denen LKW, die den Material- und Lebensmittelnachschub gewährleisten, tiefe Furchen hinterlassen haben, erfordern viel Geduld und Vorsicht beim Fahren, um das Aufsetzen des Wagens zu vermeiden. 
Aber wir werden durch den Blick auf eine imposante Landschaft entschädigt. Satte grüne Bäume und felsige Höhenzüge am Horizont. Wir begegnen Viehherden, Buschtaxen und immer wieder Gruppen von Frauen und Kindern, die Holz und Waren auf ihren Köpfen balancieren, oft kilometerweit. Hier schlägt das Herz Malis. Hier ahnen wir, wie sich die Lebenswirklichkeit der meisten Malier gestaltet, mühsamer Alltag für die Frauen, harte Feldarbeit für die Männer, Staub, Hitze, langwierige Fortbewegung wegen der unzureichenden Verbindungswege. 
Wir treffen aber bei all dem auf Menschen, die immer eine freundliche Geste, ein Lächeln und Zeit fürs Grüßen übrig haben. In der Weite der Savanne, wo weit und Breit keine Polizei anzutreffen ist, wären wir im Falle einer Ent.führung hilflos verloren. Daran denken wir jedoch in keinem Moment unserer Reise. Ein paar Löwen hätten wir gerne gesichtet. Die hätten ganz gut gepasst in die von langen ausdorrenden Gräsern bewachsene Gegend. Doch Löwen gibt es hier schon lange nicht mehr.

Vor langer Zeit, im Jahre 1235, wurde in Siby das Königreich der Mande (wörtl. Land der Könige) ausgerufen. Soundiata Keita galt damals als charismatischer Führer und Feldherr. Sein Gegner, Soumaoro Kanté wurde in der Schlacht von Kirina vernichtend geschlagen. Anlässlich des Beginns der Herrschaft der Keita wurde die Charta der Mande veröffentlicht. Sie enthält Grundsätze, die die Abschaffung der Sklaverei, das Recht auf Eigentum und unversehrtes Leben, die Pflicht zur Wiedergutmachung und solidarische Unterstützung vorsehen. In dieser Zeit lebten auch die Dogon noch in der Gegend, deren Ahnen von den Keita abstammen und daher als die "jüngeren Brüder" des Keitaklans gelten. Solche Verwandschaftsbeziehungen haben trotz der langen Geschichte nach wie vor eine zentrale Bedeutung für das Zusammenleben von Klans und Ethnien. Die zunehmende Islamisierung im Laufe des 14. Jahrhunderts, die von den Almoraviden bereits seit dem 11. Jahrhundert in Westafrika vorangetrieben wurde, veranlasste die Dogon jedoch, die Gegend  zu verlassen und sich in Bandiagara, Sangha, Bankass und Koro im Osten Malis anzusiedeln. Die Flucht vor einem "berittenen Feind" (islamischen Reiter) wird in Skulpturen häufig dargestellt. All das ist lange her. Doch heute kehren die Dogon zurück. Seit Mitte 2016 haben sich schon 1.000 Dogon mit dem Einverständnis der Einheimischen im Mande als Bauern angesiedelt. Einige davon sind Christen. Die Rückkehr der Dogon in das von ihren Ahnen bewohnte Land wird auch von den malischen Medien unter Rückgriff auf die von Generationen von Griots (Bänkelsänger, Hüter der Geschichte) besungene Historie aufgegriffen.

In Na.na Kenie.ba trafen wir uns mit einigen Christen, die den Wunsch haben, hier eine Gemeinde zu gründen. Das Grundstück für den Bau eines Gemeindehauses haben sie schon. Mit eindrücklichen Worten und Gesten tragen sie ihr Anliegen vor. Sie wünschen sich pastorale Betreuung und Unterstützung bei ihrem Vorhaben, die Dorfbewohner evangelistisch zu erreichen. Wir fragen nach ihren Motiven und danach, ob sich nicht schon andere Gemeindeverbände für sie interessieren. Pastor Enoc ist es wichtig, Konkurrenzsituationen und Disharmonie zwischen den Kirchen  zu vermeiden und deshalb klare Absprachen zu treffen. Über 30 Christen gibt es hier. Regelmäßige Gebetstreffen und Gottesdienste finden in provisorischen Räumen statt. Der Leiter der Gruppe und unser erster Ansprechpartner ist Lehrer an der Hauptschule vor Ort, die schon seit 1960, dem Jahr der malischen Unabhängigkeit, besteht. 
Am Abend kehren wir erschöpft nach Bamako zurück. Wir sind dankbar für die Begegnungen. Missionarische Pionierarbeit ist immer noch notwendig und wertvoll, im Tiefen Südwesten Malis, wo Islam und traditionelle Religionen die Oberhand haben. Hier spielt sich das Leben auf bescheidenem Niveau ab, aber es ist nicht bedroht. Der radikale Islamismus, der weite Teile des Nordens und das Zentrum Malis prägt, spielt hier keine Rolle. Die Gegend ist sicher genug, auch für Gemeindegründungsinitiativen. Wir sind dankbar für die missionarische Vision unserer Partnergemeinden und beten, dass einige der Studierenden an der FATMES ihr Herz an die Pionierarbeit im eigenen Land verlieren und sich aufmachen. Auch für engagierte Mitarbeiter aus Deutschland gäbe es hier die Möglichkeit, sich einzubringen - mitten im geschichtsträchtigen Herzen Malis.









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