Koloniale Geister besiegen - 3. Von Kunstschätzen und Gesten der Wiedergutmachung

Simon D. (AM): Kolonialismus taucht heute oft in den Nachrichten auf, wenn es um geraubte Kunstschätze, verschleppte und versklavte Vorfahren oder zerstörte indigene Kulturen geht. Aber konkret für diejenigen, die das nicht so genau einordnen können: Über welche Zeit und welche Länder reden wir?


Alfred: Seit Beginn des europäischen Kolonialismus im 16. Jahrhundert ist es zu Raubzügen gekommen, wo wertvolle Gegenstände, darunter Kultgegenstände,  geraubt und außer Landes gebracht wurden, z.B. aus Mexiko und anderen südamerikanischen Staaten. Dabei haben Westler die Profanisierung heiliger Stätten in Kauf genommen. Im afrikanischen Kontext sind die Bronzestatuen aus Benin zum Symbol  kolonialistischer Strafexpeditionen geworden. Das war gegen Ende des 19. Jahrhunderts, in der Hochzeit des imperialen Kolonialismus. Im Naturhistorischen Museum in Nürnberg z.B. lagern ca. 3.000 Südsee-Exponate - Masken, Boote, Köpfe und Figuren. Sie wurden von deutschen Kolonialtruppen im Rahmen von Strafexpeditionen in Papua-Neuguinea geraubt. Die Museen sind dabei zu recherchieren, wo die Gegenstände herkommen und wem sie gehört haben, was gar nicht so einfach ist. 
Der Raub dieser Gegenstände war Ausdruck von europäischer Willkür, Machtausübung und ein Zeichen von zivilisatorischer Überlegenheit und kultureller Demütigung. 2018 hatte Deutschland Schädel, Gebeine und weitere menschliche Überreste nach Namibia, dem ehemaligen Deutsch Süd-West-Afrika, zurückgebracht. Die wurden in der Kolonialzeit für "wissenschaftliche Experimente" genutzt. Das war ein Akt kolonialer Entgleisung, der die Seelen der Afrikaner verletzt hat. 
 
Bei der Rückgabe geht es m.E. weniger um materielle Werte als vielmehr um die Symbolik der Wiedergutmachung, der Achtung gegenüber den Vorfahren afrikanischer Völker und dem Wert ihrer Kulturen. Die einseitige, eurozentristische Erinnerungskultur soll relativiert werden. Man signalisiert damit auch, "Kolonialismus war ein Verbrechen an der Menschheit". Die damals geraubten Kunstobjekte müssen also zurückgegeben werden, um diese neue Einsicht und das Umdenken zu unterstreichen. Das war im Falle der Rückgabe der Bibel und Peitsche, die dem Nama-Anführer Henrik Witbooi aus Namibia gehört haben, sehr wichtig für die betroffene Familie. Gerade hier war es wichtig, in das Heimatdorf der Witboois zu reisen und die geraubten Objekte der Familie persönlich zu überreichen. Erst danach wurden sie dem Kultusministerium ausgehändigt, das für die Aufbewahrung in einem Museum zuständig ist. 
Diese Anekdote zeigt noch einmal, wie wichtig es ist, Gesten der Versöhnung so konkret wie möglich zu gestalten. Auch Afrikaner wollen endlich mit der Kolonialgeschichte abschließen. Nzila Marina Mubusisi aus Namibia sagt jedoch, dass alleine die Rückgabe von Museumsobjekten nicht ausreicht. "Ohne Anerkennung der Geschichte und der deutschen Verantwortung – das bedeutet uns nichts." Die Aussage klingt sehr logisch, lässt aber auch aufhorchen, denn mit der Kolonialzeit wird auch handfeste Politik gemacht, wo es nicht nur um Aussöhnung, sondern auch um Geld geht.
 


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