FATMES | Sprachen im Alltag

Am 25. Januar hat der Unterricht an der FATMES mit Vorlesungen zur Missionsgeschichte begonnen. Gemeinsam mit 14 Studierenden sitzen wir auf Abstand und teilweise mit Maske verkleidet im großen Bibliotheksraum. Wir arrangieren uns. Einer der Studierenden war letztes Jahr an Corona erkrankt, von daher sind alle gewarnt und entsprechend vorsichtig. Der Verlauf war bei ihm zwar relativ glimpflich, doch er berichtet von Herz- und Lungenbeschwerden, die er keinem wünschen möchte. Zurück zum Unterricht ...

Im Zuge der Geschichte hat es oft Auseinandersetzungen wegen der angemessenen Liturgie in den neu gegründeten Gemeinden der „neuen Welt“ gegeben. Die Kirche bevorzugte die offizielle Kirchensprache Latein, selbst in asiatischen Ländern. Die Missionare vor Ort setzten sich dagegen für den Gebrauch der lokalen Sprachen ein. Diese Beobachtung führte uns zu der Frage, warum in malischen Gemeinden, besonders in urbanen Zentren, die französische Sprache dominiert. An Missionaren kann es nicht ursächlich gelegen haben. Missionare haben sich über all die Jahrzehnte sehr darum bemüht, eine der nationalen Sprachen zu erlernen. Französisch war für sie Ausgangssprache, nicht aber die Zielsprache, die sie im Dialog mit den mit dem Evangelium zu erreichenden Menschen bevorzugten.

Viele Predigten werden von malischen Pastoren in Französisch gehalten und anschießend in die mehrheitliche Verkehrssprache, das Bamanan, übersetzt. Einige Gründe wurden von den Studierenden für dieses Phänomen aufgeführt:

a. Die Gottesdienste der Stadtgemeinden  werden oftmals von westafrikanischen ausländischen Bürgern besucht, die keine der malischen Nationalsprachen beherrschen. Daher ist Französisch die einzige gemeinsame Verständigungsmöglichkeit.

b. Pastoren werden zu einem großen Teil in frankophonen Instituten ausgebildet. Wenn sie Predigten halten, fühlen sich einige beim Gebrauch biblischer und theologischer Fachbegriffe sicherer, wenn sie die französische Sprache benutzen. Es wäre also gerade die Aufgabe der theologischen Ausbildung, hier sprachliche Konzepte der Kontextualisierung anzubieten. Das ist wohl bisher nur unzureichend geschehen.

c. Das Französisch ist nach wie vor lingua franca, die im öffentlichen Leben benutzt wird, wenn man sprachpolitischen Konflikten aus dem Weg gehen möchte. Würden Gottesdienste nur in Bamanan abgehalten, würden sich Dogon, Bobo und Peulh möglicherweise übergangen fühlen. Zwar beherrschen alle irgendwie das Bamanan, aber nicht so, dass es zu "ihrer Sprache" geworden wäre. Daher greift man lieber auf das "fremde Französisch" zurück.

d. Die Nutzung der französischen Sprache ist für viele auch Ausdruck eines bestimmten intellektuellen Niveaus. Französisch zeugt von Weltoffenheit und internationaler Sprachfähigkeit, Werte, die die vielen nationalen Sprachen Malis nicht aufweisen können.

Bei allen mehr oder weniger nachvollziehbaren aufgeführten Gründen bleibt dennoch die Feststellung: Das Französisch ist die Sprache des ehemaligen Kolonisators. Es ist eine Fremdsprache. Sie ist nicht die Sprache des Herzens. Sie lässt im malischen Kontext die letzte Tiefgründigkeit vermissen, wenn es um kulturell angemessene Verständigung geht.

Andererseits bietet die französische Sprache trotz aller kultureller Vorbehalte die Chance, den Anschluss zu schaffen und Zugänge zu Bildung zu ermöglichen, die nationale Sprachen vermissen lassen. Ein Blick in die Gesellschaft beweist, dass die Personen, die frankophone Schulen und Universitäten besucht haben, es schaffen, zur Entwicklung ihres Landes beizutragen, als Unternehmer und Multiplikatoren und dabei die kulturellen Eigenarten und Bedürfnisse ihrer Zeitgenossen nicht aus dem Blick zu verlieren. Alle Versuche Schulmaterial in Bamanan so zu entwickeln, dass es langfristig ans Französische heranreichen könnte, waren bisher eher fragmentarisch. Wenn dies anders werden soll, ist es gerade nicht die Aufgabe ausländischer Experten, dies zu ändern. Malier müssen an dieser Stelle selber unter Beweis stellen, dass sie über pädagogische Konzepte verfügen und den notwendigen politischen Willen aufbringen. Die intellektuellen Fähigkeiten sind vorhanden.

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