Malireise 2012 | Was bleibt? Fragen, Herausforderungen - ein persönliches Fazit
Wir packen die Koffer und bereiten den Rückflug nach Deutschland vor. Die Reise nach Mali war sicherlich kein Erholungsurlaub. Trotzdem war der Tapetenwechsel deutlich zu spüren. Und er tat gut. Wir konnten Abstand nehmen vom Leben in Deutschland und von dem, was uns dort so alltäglich beschäftigt. Mali ist eine andere Welt. Die Herausforderungen liegen auf der Straße, lassen sich aus den Gesichtern der Menschen ablesen und aus den Worten von Menschen heraushören, denen wir begegnet sind. Aus den Geschichten, die wir hören, entnehmen wir, wie existentiell, umfangreich und ganzheitlich das Leben ist. In Mali missionarisch unterwegs zu sein zwingt uns dazu, vom Leben und nicht von theoretischen Konzepten her zu denken. Wie wichtig jedoch auch die Missionstheologie ist, um die Vielfalt des Lebens und die sich daraus ergebenden Herausforderungen einzuordnen, das ist uns noch einmal sehr deutlich geworden. Westliche Theologie und Strategien übertragen zu wollen, ist ein großer Fehler. Theologie und Konzepte entstehen in der Analyse der konkreten Situationen, die dann mit der Bibel in Verbindung gebracht werden. Sie entstehen im Kontext und im Dialog mit den Partnern vor Ort.
Wir
haben viel nachgedacht. Die Reise hat uns geistlich herausgefordert. Fragen
sind aufgetaucht:
Wo
ist der souveräne, geschichtsmächtige Gott unterwegs in den politischen
Umbrüchen Westafrikas? Es ist unzureichend, Gottes Größe zu bekennen, ohne sie
mit der konkreten Geschichte und den Erfahrungen der Menschen in Verbindung bringen
zu können.
Wie
begegnen wir einer Religion und deren Sympathisanten, die Andersgläubigen ihre
Sicht der Dinge mit Gewalt und Druck aufzwingen wollen? Wir wünschen uns ein
harmonisches Miteinander der Religionen, den offenen konstruktiven Dialog. Der
ist aber nicht am Schreibtisch zu haben, sondern muss sich im malischen Kontext
unter dem Eindruck eines dominanten Islam vollziehen, der sich immer mehr
radikalisiert. Da helfen uns die Dialogtheorien nicht viel weiter.
Welche
Bedeutung hat das Bekenntnis zu Jesus in Mali?
Was hat das Kreuz-auf-sich-nehmen zu tun mit den Unzulänglichkeiten und
Problemen unserer Pastorenkollegen und Gemeinden, mit der zähen Entwicklung des Landes und den
Enttäuschungen? Wir haben gemerkt: Es bringt wenig, Christus als den Erlöser zu
bekennen und evangelistisch zu proklamieren, ohne die Bereitschaft
mitzubringen, mit den Armen zu leiden und solidarisch zu sein, auch mit den
Schwachen. Hier zeigt sich, was Christologie wirklich wert ist. Jesus am Kreuz,
er ist derjenige, der mit und für Menschen leidet. Wir können nicht wie Jesus
für Menschen leiden, aber wir können mit ihnen leiden, an den widrigen
Lebensumständen, den unvollkommenen Strukturen, auch an den Folgen
selbstverschuldeter Entwicklungen.
Das
Kreuz auf sich nehmen bedeutet auch dann vor Ort zu sein, wenn es nicht
funktioniert und man am liebsten weglaufen möchte.
Wie
sieht gelebte Partnerschaft aus zwischen Missionaren und Maliern? Wir beobachten,
wie die Allianz Mission, mit der wir seit über 20 Jahren sehr verbunden sind,
sich in Mali entwickelt, werden dankbar, hinterfragen aber auch kritisch – die Entscheidungen,
die wir in unserer aktiven Zeit selber getroffen haben aber auch die Akzentverschiebungen
in der Sichtweise der aktuellen Führungsriege.
Wie
steht es mit unserer Leidensbereitschaft? Wie steht es mit dem Vertrauen auf
Gott, wenn das Leben sich radikal verändert, wenn man plötzlich nicht mehr
sicher ist? Was ist eine missionarische Berufung wert, wenn sie im Ernstfall im
Flugzeug endet, das mich an einen sicheren Ort bringt? Wo liegt die Grenze
zwischen dem Vertrauen auf Gott und unserer menschlichen Rationalität?
Inwiefern steht uns das westliche, sehr ausgeprägte Sicherheitsdenken im Weg,
Gott wirklich unser ganzes Leben anzuvertrauen?
Diese
Fragen und Gedankenanstöße wären niemals in einem deutschen Gottesdienst aktuell
geworden, in der Mitte einer besinnlichen geistlichen Atmosphäre, die uns
letztlich nicht existentiell herausfordert. Wir brauchen „das Leben der
anderen“, wenn wir herausfinden wollen, was Jesus von uns persönlich möchte.
Wir müssen es lernen, uns den meist anspruchsvollen Herausforderungen des
Lebens zu stellen. Hier profilieren sich Lebensperspektiven, hier verwandeln
sich Herausforderungen in konkrete Visionen. Oftmals hindern uns auch Freunde
und Verwandte daran, denn sie meinen es ja nur gut und möchten nicht, dass man
sich am Rand bewegt, und möglicherweise Grenzen überschreitet.
Uns
ist deutlich geworden: Jesus nachfolgen bedeutet, ihm an den Rand der
Gesellschaft zu folgen, raus aus der Mitte. Im evangelikalen Christentum haben
wir gelernt zu beten: Danke, Herr, dass du mitten unter uns bist. Wir haben
Jesus in die Mitte unserer Gemeinden gezogen und dabei selber festgelegt, was
wir unter einer wohl geformten Gemeinde verstehen. Ich möchte es Jesus
zugestehen, dass er festlegt, was die Mitte ist. Und die ist möglicherweise
nicht in den institutionalisierten Kirchen, den abgeschirmten Hauskreisen und
unseren Programmen.
Mit
Mali verbinden wir tolle Erfahrungen mit Gott, Wachstum im Glauben, Krisen und
nostalgische Gedanken und Herausforderungen, die auf der Hand liegen. Soweit unser
Fazit.
The suffering prophet is an unthinkable idea to Some. If God would allow a great prophet to suffer and die in humiliation.... then he might allow us to do the same, to die when we could live and do so much more.
AntwortenLöschenWe believe that our(my) sin is so terrible that it requires death, not the death of a sheep (as if a sheep equalled the value of a man) rather of one more valuable than myself, more valuable than the best of us (if it were to pay for us all), not more valuable than I am but at least as valuable as my perfect potential.
And we believe that our best efforts and sacrifices do not change our selfish (and worse) motives, our best motives are so tainted; and so those efforts and sacrifices mean nothing to God.
And if we can do nothing, yet the judgement of death remains on us, then where can we look, but to the one who died.
And the love of God that he would die is another questions that Some don't understand, but this is already longer than I expected.
-jwa
Das mit den "Dialogtheorien" gefällt mir ganz besonders! Kürzlich gerade intensiv einen solchen Dialog in Basel miterlebt und dabei beobachtet, wie realitätsfremd die akademische evangelische Theologie die anderen Religionen betrachtet. Interessant: Der evangelische Dr. Dr. Dr. deckte jeweils sämtliche Aussagen der Teilnehmer anderer Religionen mit seinem transzendenten Geschwafel zu, bis nur noch Meta-Meta-Ebene Gottes übrigblieb...
AntwortenLöschenDanke, David, für dein Statement. Wir sollten die 3-fach Doktoren mal nach Mali einladen, z.B. nach Gao, wo gerade die Scharia eingeführt wird mit der Begründung, dass Allahs Gesetz über allem Geschwafel von Menschenwürde steht. Hier gibt es keinen dialogalen Konsens. Hier kann man sich nur noch auf die Seite des Evangeliums schlagen - auch auf die Gefahr hin, als intoleranter Fundamentalist abgestempelt zu werden. Die Leute in Mali beginnen zu begreifen, was der Islam wirklich bedeutet. Die Salafisten versuchen ja nicht mehr und nicht weniger als uns beizubringen, dass ihr Verständnis vom Islam dem Urislam und damit dem des Propheten Mohammed entspricht. Wie soll hier Dialog stattfinden?
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