Mali | In Europa rollt der Ball, in Mali fliegen die Kugeln.

Ein Sprecher der MNLA (Organisation der
Tuaregrebellen) versicherte gegenüber der Presse, dass die Tuareg noch über
weitere Waffenarsenale verfügen und ein Gegenangriff in Aussicht steht. Diese Meldung
wurde von den radikalen Islamisten postwendend dementiert. Die Tuareg würden
bis zu ihrem bitteren Ende verfolgt, so der Sprecher der MUJAO (radikale
Islamisten). Ansar Diné (islamistische Gotteskämpfer), deren Hauptquartier sich
in Kidal befindet, haben Kontingente zur Verstärkung nach Gao entsandt.
Die radikalen Kräfte patrouillieren in den Straßen und
schüchtern weiter die Bevölkerung ein. Zuvor hatte es Demonstrationen von
Jugendlichen gegeben, die gegen die Einführung der islamischen Scharia
protestiert haben.
In Tombuktu ist ein junges Paar mit jeweils einhundert
Schlägen traktiert worden, weil sie ein uneheliches Kind haben. Andere, die
öffentlich beim Zigarettenrauchen erwischt werden, erhalten ebenfalls körperliche
Strafen. So sieht die Scharia praktisch aus.
In Bamako ist die Armee dabei, Jugendliche zu
rekrutieren. Ob es zu einem Waffengang zur Rückeroberung des an die Rebellion
verlorenen Norden Malis kommen wird, ist noch unklar. Dies hängt entscheidend
davon ab, ob die malische Regierung die CEDEAO (westafrikanische Union) und die
internationale Staatengemeinschaft (Afrikanische Union und UNO) um
Unterstützung und Entsendung von Truppen bitten wird. Die malischen Politiker
sind sich in dieser Frage nicht einig. Einige plädieren zunächst für den Dialog
mit den Rebellen unter der Vermittlung des Präsidenten Compaoré aus Burkina
Faso. Andere, wie der ehemalige Außenminister Malis, hält solche Gespräche für
vertane Zeit. Er spricht sich dafür aus, die malische Armee technisch und
personell aufzurüsten und mit Hilfe der internationalen Truppen, die
territoriale Integrität Malis wieder herzustellen.
Ein weiteres Problem bei der Wiederherstellung der
Kampfkraft der malischen Armee ist ihre Führungsschwäche und die innere
Gespaltenheit zwischen Putschisten und Anhängern des Ende März gestürzten
Präsidenten Amadou Toumani Touré.
Unterdessen geht das Leben nach Informationen meiner
Gesprächspartner in der Hauptstadt einigermaßen normal von statten. Europäer und Amerikaner sind teilweise wieder
nach Mali zurückgekehrt. Banken und Geschäfte funktionieren relativ normal und
auch der internationale Flugverkehr ist gewährleistet. Dennoch liegt eine gewisse Spannung über dem Land. Die Konflikte sind längst noch nicht ausgetragen.
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