Was bedeutet Evangelisation?



Evangelisation als Aktion, als Event, das mit mehr oder weniger großem Aufwand, unterstützt durch Medien und Programme aufgezogen wird – das ist eine Erfindung der Neuzeit. Unter Evangelisation verstehen Insider normalerweise eine langfristig geplante Aktion, die von Spezialisten vorbereitet und in Kooperation mit Gemeinden durchgeführt wird. Und da gibt es noch die Evangelisation auf persönlicher Ebene. Christen gehen bewusst auf Mitmenschen zu, um ihnen Jesus Christus vorzustellen und zum Glauben einzuladen. Oder es ergeben sich zufällige Gelegenheiten, wo man „Zeugnis gibt“. Bei all diesen Ansätzen besteht die Gefahr, die Meschen auf eine unnatürliche Art und Weise als "Missionsobjekt" zu instrumentalisieren.
Deshalb lehnen Kritiker diesen progressiven Ansatz der Evangelisation ab oder relativieren ihn. Sie proklamieren die "ganz andere" These: Predige das Evangelium zu jeder Zeit, und wenn nötig, benutze Worte. – So wird der alte Franz von Assisi bemüht, um moderne Ansätze "aufs Korn zu nehmen". Es steht ohne Zweifel fest, dass ein glaubwürdiger Lebensstil Überzeugungskraft hat, vielleicht sogar manchmal mehr als Worte. Doch ein authentischer Lebensstil alleine ist noch keine Evangelisation. Evangelisation heißt: Christus zu Gehör bringen. Und dazu gehören neben dem Lebensstil auch zeugnishafte, das Evangelium erklärende Worte.

Evangelisation als Aktion wird organisiert. Evangelisation, eingebunden in das glaubwürdige Leben im Alltag von Christen, ist der organische Weg.

Fest steht, dass Evangelisation im biblischen Sinne keine Idee ist, auf die man erst einmal kommen müsste. Evangelisation entspricht vielmehr dem Wesen des christlichen Glaubens. Wer Jesus kennt und sein Leben, seinen stellvertretenden Tod und die Hoffnung der Auferstehung kennen gelernt hat, der verspürt den Drang, diese Botschaft auch anderen Menschen bekannt zu machen. Jesus nennt das: Gott vor den Menschen bekennen. Das ist der Kern evangelistischen Handelns. David Bosch definiert Evangelisation wie folgt: „Evangelisation kann definiert werden als diejenige Dimension und Aktivität der Mission der Kirche, die versucht jeder Person, an jedem Ort, eine wirkliche Gelegenheit anzubieten, um unmittelbar durch das Evangelium zum expliziten Glauben herausgefordert zu werden. Das schließt die Perspektive ein, ihn (Christus) als Retter anzunehmen, ein lebendiges Glied seiner Gemeinde zu werden und in den Dienst der Versöhnung, des Friedens und der Gerechtigkeit auf Erden aufgenommen zu werden.“ (David J. Bosch. 2012. Mission im Wandel. Gießen: Brunnen. 626)

Hier werden zwei entscheidende Aspekte deutlich:
·     1. Evangelisation geschieht als Einladung zum Glauben und als Herausforderung, sich auf ein Leben mit Jesus und der Verantwortung für die Welt einzulassen. Daraus folgt: Evangelisation bedeutet mehr, als nur über Sünde und Vergebung zu reden.
·     2. Evangelisation geschieht kontextualisiert. Sie ist als Angebot des Evangeliums eingebunden in den Lebenskontext der Menschen. Daraus folgt: Evangelisation setzt voraus, dass Evangelisten die Lebensumstände der Gesprächspartner/Zuhörer kennen und ernst nehmen.

Evangelisation bedeutet, die gute Nachricht der Bibel in verständliche Worte zu fassen.
Glaube an Jesus kommt aus dem Wort, das Mitmenschen hören. Die Professionalität der Predigt oder des Rahmenprogramms ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass Menschen das Wort Gottes hören d.h. verstehen, welcher Zuspruch und welcher Anspruch sich dahinter für ihr Leben verbirgt (Röm 10,14-17).  Evangelisation bedeutet also in erster Linie, Gelegenheiten zu nutzen, um mit Worten, die gute Nachricht verständlich auszusprechen. Das Reden vom Evangelium soll so geschehen, dass es von Menschen gehört d.h. als lebensrelevant nachvollzogen werden kann.

Evangelisation bedeutet, in der Routine des Alltags den Blick für den einzelnen Menschen nicht zu verlieren.
Im normalen Alltag begegnen wir Menschen, die mitten im Leben stehen, denen es gut geht, aber auch solchen die Fragen haben, die mit ihrem Leben nicht klar kommen. Wir begegnen ebenso solchen, die dem christlichen Glauben gegenüber äußerst kritisch eingestellt sind, weil sie Erfahrungen gemacht haben, die sie an der Existenz Gottes zweifeln lassen. Und es gibt die aggressiven Atheisten, die uns argumentativ herausfordern. Hier sind wir als Christen gefordert, gute Nachricht weiter zu sagen und Rede und Antwort zu stehen (1. Petr. 3,15; Apg. 8, 29-30).

Evangelisation lebt davon, dass Gott die Herzen der Menschen vorbereitet.
Evangelisation, ob als monologe Predigt oder als Alltagsdialog lebt von der Hoffnung, dass Gott uns Menschen über den Weg laufen lässt, die durch ehrliche Fragen, Krisen oder Interesse offen geworden sind für die Botschaft des Evangeliums. Evangelisation bedeutet in diesem Zusammenhang, Jesus nachzufolgen, dahin, wo wir auf vorbereitete Menschen treffen. Ohne das Vertrauen darauf, dass Gott Wege und Herzen vorbereitet hat, wäre jede Evangelisation lediglich menschliches Programm.

Evangelisation bedeutet, fragenden Zeitgenossen mitten im Leben als normaler Mensch zu begegnen.
Es gehört sich nicht, mit der Tür ins Haus zu fallen und den Leuten die verbale Pistole auf die Brust zu setzen. Von Sünde, Hölle, Vergebung und Hoffnung in Christus zu reden ist kontraproduktiv, wenn dieses Reden nicht eingebettet ist in den normalen Kontakt zu Menschen. Die Menschen sollen zunächst spüren, dass wir uns für sie und ihr Leben interessieren. Jesus hat in den meisten Fällen vom „ewigen Leben“ gesprochen, wenn Leute auf ihn zukamen und ihn danach gefragt haben. Evangelisation ist am erfolgreichsten, wenn sie als Konversation in den Alltag unserer Mitmenschen eingebettet ist. Erfolgreich, nicht in erster Linie im quantitativen, sondern im qualitativen Sinn. Denn im normalen Alltag, im Gespräch, gelingt es viel besser, die gute Nachricht an die Fragen der Menschen zu koppeln und zu erklären, dass das neue Leben in Jesus eine ganzheitliche Dimension besitzt. Auf diese Weise wird das Evangelium als eine für das Leben bedeutsame Botschaft verstanden. Jesus Christus erneuert die Beziehung zu Gott (vertikal) und ermöglicht auf dieser Grundlage hoffnungsvolles Leben (horizontal).

Evangelisation bedeutet, Jesus Christus als Herrn des Lebens in den Mittelpunkt zu stellen.
Die evangelistische Predigt des Wortes Gottes kann abdriften in alltagstaugliche, therapeutische Lektionen, die dem Zuhörer helfen sollen, sein Leben zu bewältigen. Jesus wird vorgestellt als Lebensversteher, als Berater und guter Freund, der seinen Leuten ständig verständnisvoll die Hand auf die Schulter legt, oder als Pädagoge, der durch Ermahnung und Zuspruch seine Mitmenschen lebensfähig macht. Solche Botschaften sind wichtig. Aber es darf nicht dabei bleiben. Evangelisation ist mehr als Lebenstherapie. Es geht bei der Evangelisation nicht nur um Lebenskonzepte. Es geht um die persönliche Beziehung zu Jesus Christus als Herr des Lebens. Es geht um seinen Herrschaftsanspruch und den damit einhergehenden transformatorischen Wechsel in der Lebensführung. Ob von Kanzeln, im Zugabteil, am Arbeitsplatz oder in der Kneipe - der Fokus evangelistischer Rede ist Jesus Christus als Herr. In ihm wird die ganze Zuwendung des dreieinigen Gottes als Vater, Sohn und Geist offenbar. In ihm ist Gott Mensch geworden. Da wo Menschen durch unsere Worte auf Jesus und seinen Zuspruch und Anspruch als Herr des Lebens aufmerksam gemacht werden, da geschieht Evangelisation.

Evangelisation geschieht nicht punktuell, sondern kontinuierlich.
Wenn Gemeinden die „Sache der Evangelisation“ an die Spezialisten delegieren, dann haben sie nicht verstanden, worin das Wesen von Evangelisation besteht. Die fortlaufende Evangelisation geschieht an den Orten, wo wir uns natürlicherweise aufhalten  - am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, in klassischen oder virtuellen sozialen Netzwerken usw. Die klassische evangelistische Aktion macht nur dann Sinn, wenn sie in die Kontinuität des Lebens eingebettet ist. Evangelisation ist letztlich die Einladung zu einem Leben mit Jesus. Von daher ist es logisch, dass Evangelisation in das normale Leben eingebunden ist. Evangelisation als Aktion ist Nebensache. Evangelisation mitten im Leben – das ist die Hauptsache.






Wer Evangelisation hauptsächlich als punktuelle Aktion versteht, der verbaut sich den Blick für das, was Evangelisation wirklich bedeutet.

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