Mali | es wird spannend
Vertreter europäischer Staaten und der Vereinigten
Staaten raten den malischen Militärs und Putschisten dringend in die Kasernen
zurückzukehren und geben aus der Ferne weitere gute Ratschläge. Bereits am 2.
April hatte das deutsche Auswärtige Amt die sofortige Ausreise deutscher
Staatsbürger angeordnet. Entwicklungshelfer aber auch Diplomaten haben Mali
fluchtartig verlassen. Deutschland gilt als Freund und geschätzter Verbündeter
Malis. Warum haben die Diplomaten das Land so schnell verlassen? Sieht so Freundschaft unter Politikern und Diplomaten aus?
Am 22. Mai endet die Frist zur Bildung einer
Übergangsregierung. Diese Regierung hat dann die Aufgabe, das Problem der Teilung des Landes anzugehen und Neuwahlen zu organisieren. Lt. Verfassung und Vereinbarung zwischen dem Militärrat und
der CEDEAO (westafrikanische Wirtschaftsunion) darf die bisherige
Interimsregierung nur 40 Tage im Amt bleiben. Die CEDEAO hatte für eine
Verlängerung auf 12 Monate plädiert. Der Militärrat hatte dies jedoch
abgelehnt.
Die Malier warten gespannt, wie es weiter geht.
Der Vorschlag von Kapitän Sanogo (Vorsitzender des Militärrates) eine nationale
Konvention abzuhalten, um einen Ausweg aus der Sackgasse zu finden, wird von
vielen politischen Parteien, dem Interimspräsidenten Traoré, der CEDEAO und
auch von den religiösen Gruppen als taktisches Manöver der Militärs abgelehnt.
Sollte es in den nächsten Tagen zu keiner
politischen Lösung kommen, steht zu befürchten, dass die CEDEAO ein Wirtschaftsembargo
verhängt und Mali damit isoliert und von den wichtigen Versorgungswegen
abschneidet.
Es herrscht große Unsicherheit und spannendes
Abwarten. Der malische Stolz lässt es nicht so einfach zu, dass sich Politiker
aus dem Ausland mit guten Ratschlägen in die inneren Angelegenheiten einmischen,
weder seitens der westafrikanischen Nachbarn noch der Europäer und Amerikaner. Die Mehrheit bevorzugt eine malische Lösung. Dieser
Tatbestand blockiert eine von allen, auch von den internationalen Partnern akzeptierte Lösung und trägt verstärkt zur
Isolierung des Landes bei.
Die Vertreter der Ev. Allianz in Mali sind nach wie vor in
die Verhandlungen in der Hauptstadt einbezogen.
Die Schulen im Land sind geöffnet. Auch an der vor
10 Jahren gegründeten Theologischen Hochschule für Theologie und Mission im
Sahel laufen die Kurse weiter, so die Auskunft von einem meiner ehemaligen
Kollegen.
Das öffentliche Leben im Süden des Landes läuft
nach Aussagen meiner Gesprächspartner einigermaßen ruhig ab. Jedoch sind
Soldaten und Polizisten verstärkt im Leben der Hauptstadt sichtbar, um die Sicherheit
der Bewohner zu gewährleisten.
Wenn die politische Pattsituation anhält, so
einige Beobachter, könnten die Rebellen und Islamisten aus dem Norden die
unsichere Lage nutzen und ihre Position im Norden weiter stärken und sogar auf
die Idee kommen, weiter Richtung Süden vorzudringen.
In den letzten Tagen haben mehrere hundert
Jugendliche aus Gao (Nordwestmali) gegen die harte Hand der radikalen
Islamisten im Norden protestiert. Die radikalen Kräfte setzen knallhart die
Sharia (islam. Gesetzgebung) durch. Fernsehen und Radio, traditionelle Tänze
und westlicher Kleidungsstil sind verboten. Steine sind geflogen und Schüsse gefallen. Es hat einen Toten und
mehrere Verletzte gegeben. Es zeigt sich, dass die Mehrzahl der gemäßigten
Muslime in Mali mit einer radikalen Islamisierung nicht einverstanden ist.
Es gibt nach wie vor westliche Missionare, die im
Land sind und noch nicht die Koffer gepackt haben. Das ist ermutigend. Weitere
Missionare, die vorerst aus Mali ausgereist sind, warten die weitere
Entwicklung und eine erneute Ausreise nach Mali ab.
Im Zuge der von der Allianz-Mission initiierten Hungerhilfe
für Mali sind inzwischen fast 100.000 € eingegangen. Das Geld wird nach Mali
transferiert und dort von Mitarbeitern einer christlichen NGO
(Nichtregierungsorganisation) verwaltet. Getreide und Saatgut sollen auf den
Märkten im Süden des Landes gekauft und an notleidende Familien im nördlichen
Teil des Landes verteilt werden, soweit es die Sicherheitslage erlaubt.
Bildnachweise: www.maliweb.net; www.jeune-afrique.com, AFP
Mali hat zur Zeit vier große Baustellen:
- politisch: Gerangel um die Macht und die Herstellung der verfassungsmäßigen Ordnung
- militärisch: die Teilung des Landes und die islamistische Besetzung des Nordens und die von dort ausgehende militärische Gefahr, die schwache malische Armee (nicht gut organisiert und schlecht ausgerüstet)
- religiös: radikaler salafistischer Islam im Norden und gemäßigter Islam samt traditionell animistische Religionen und kath. und evangelischen Christen im Süden
- humanitär: die Hungerkrise im mittleren und nördlichen Teil des Landes, die Isolierung der Bevölkerung des Nordens, Verteuerung der Lebensmittelpreise
Bildnachweise: www.maliweb.net; www.jeune-afrique.com, AFP
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