Bamako | Tage, die nachts beginnen

Der Dunst des Tages legt sich langsam auf die Viertel der Hauptstadt. Die hart arbeitenden Menschen und auch alle anderen schalten einen Gang zurück. Nach dem Abendessen wird geplaudert und allmählich stellt sich Nachtruhe ein. Nicht so bei unseren abgefahrenen Nachbarn.
Hier wird die Musik um 23 Uhr erst richtig aufgedreht. Hämmernde Discohits aus afrikanischen Kehlen und schlecht eingestellten Lautsprechern durchziehen die hereinbrechende Nacht. An Schlaf ist nicht zu denken. Wir hoffen auf Mitternacht. Doch die Trackliste ist noch lang – zu lang. Laute Gespräche. Gelächter. Wir dösen im Halbschlaf vor uns hin. Erst gegen vier Uhr morgens kehrt etwas Ruhe ein. Doch der hart erkämpfte Schlaf wird uns durch den lauten Gebetsruf des Muezzins aus der unmittelbaren Nachbarschaft wieder jäh geraubt. Im Laufe der letzten Tage haben wir uns an dieses wiederkehrende Schema gewöhnt. Um halb sieben fahren Motorräder und Autos an unserem Domizil vorbei. Für die Mehrheit der Malier beginnt der normale Arbeitsalltag. Nicht jedoch für die übermüdeten Discofreaks von nebenan, die bis weit in den späten Vormittag irgendwo auf ihren Matten dösen. Wir setzen Wasser auf unseren Gasherd. Frühstück ist angesagt, im Freien draußen im Hof. Etwas Müsli und Schwarzbrot aus Deutschland, Bananen, schwarzer Kaffee. Kurz danach erscheint der Präses unseres Partnerbundes uns laut grüßend im Hof. Er setzt sich zu uns. Sein Blick zeigt auf die Scheiben dunklen Vollkornbrotes, das vor uns auf dem Tisch liegt. So, dieses Brot esst ihr also bei euch. Er nimmt sich eine Scheibe und probiert. Wir teilen den Kaffee. Um 9 Uhr ist eine Arbeitssitzung angesagt. Das Arbeitsgespräch, wo es um das Buchprojekt zur Geschichte unserer gemeinsamen Arbeit in Mali geht, verläuft konstruktiv. Der Präses lädt uns zum Mittagessen ein. Mais-To mit leckerer Ngombosoße und Fisch werden uns serviert. Wir plaudern und genießen zum Nachtisch gekühlten Niamakuji mit Ingwer gemischt. Superlecker und erfrischend. Wir setzen uns ins Auto und fahren gemeinsam nach Niamakoro zur FATMES, dem theologischen Ausbildungszentrum auf der anderen Seite des Nigers. Es ist halb zwei. Unser Kollege trifft sich dort mit anderen Vertretern der Ev. Allianz. Heute steht der Neujahrsempfang  im Präsidentenpalast auf dem Programm. Wir bleiben plaudernd zurück im Hof. Mein Kollege Yussuf, mit dem ich an einem Wörterbuchprojekt arbeite, ist zufällig zu einem Fortbildungsseminar vor Ort. Wir grüßen einander und besprechen kurz die nächsten Schritte. Eine der Studentinnen kommt  um halb vier vorbei. Sie wird in der Bibliothek der Schule arbeiten. Wir zeigen ihr, wie das System funktioniert und wie neue Bücher kodiert und ins Computerprogramm eingepflegt werden. Kurze Pause. Es ist 17 Uhr. Weiter geht es mit dem dreistündigen Unterricht. Einführung in die Missionstheologie steht in dieser Woche auf dem Stundenplan.  Wir sprechen über das apostolische Mandat der Gemeinde. Ob es rechtens sei, dass sich einige Pastoren in Westafrika mit dem Titel „Apostel“ schmücken, wollen die Studenten wissen. Ich versuche zu erklären. Es schließt sich eine engagierte, laute, überbordende Diskussion an. Typisch, wenn es um heikle Themen geht. Aber Spaß macht es trotzdem zu sehen, dass die Leute um halb Acht abends noch engagiert debattieren können und nicht gebeugt kurz vor dem Einpennen auf ihren Stühlen hocken. Ein langer Tag geht zu Ende. Auf der Rückfahrt kaufen wir ein paar Bananen. Das muss heute reichen fürs Abendessen. Wir legen uns schlafen und können es kaum abwarten, bis die Freaks nebenan ihre Lautsprecher aufdrehen.

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