Wulffs Satz | Der Islam gehört zu Deutschland

Monika Maron (DIE WELT)
Zu Helmut Schmidt gehört die Zigarette, zu Italien die
Pasta, zu Berlin gehört die Spree, Adam zu Eva und das Amen zur Kirche. So
bezeichnen wir umgangssprachlich einen selbstverständlichen, fast sprichwörtlichen
Zusammenhang von Dingen oder Personen. Solchen Selbstverständlichkeiten hat
Christian Wulff den Satz "Der Islam gehört zu Deutschland"
hinzugefügt und ihn als bedeutendste Erinnerung an seine kurze Amtszeit
hinterlassen. Als er zum 20. Jahrestag der deutschen Einheit die Deutschen mit
dieser Behauptung überraschte, löste er noch eine heftige Diskussion aus.
Inzwischen scheint es, als hätte die stete Wiederholung diesem Satz, der als
Wulffs größtes Verdienst gilt, eine bedingungslose, gesetzeskräftige Autorität
verliehen.
Das Fragwürdige des Satzes liegt in seiner
gleichzeitigen Eindeutigkeit und Unschärfe. Er duldet keinen Widerspruch. Der
Islam gehört zu Deutschland. Punkt, Schluss. Er erlaubt nicht einmal eine
Nachfrage. Auch die Scharia, die dem Islam Inhalt und Gestalt gibt? Und welche
Glaubensrichtung, schiitisch, sunnitisch, alevitisch, ismailitisch,
ahmadiyyadisch, salafitisch auch? Gehören auch die innerislamischen
Glaubenskämpfe zu Deutschland? Auch die Benachteiligung der Frauen? Ehe dieser
Satz so unkommentiert in den Boden des deutschen Grundgesetzes gerammt wird,
sollte wenigstens für alle deutschen Staatsbürger hinreichend erklärt werden,
welche Konsequenzen er nach sich zieht und welche Kollisionen mit anderen
Selbstverständlichkeiten, die seit der Aufklärung zu Deutschland gehören,
unausweichlich wären.
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