Missionarische Gemeindearbeit | … und was passiert eigentlich im Süden von Bamako
Typisch Enoc. Es ist
schon nach 21 Uhr. Er kommt vorbei, um zu grüßen und zu reden. Wir kommen im
Gespräch u.a. auf die Entwicklung der Gemeindearbeit im Bezirk Bamako zu
sprechen, für den Enoc als Vorsitzender des Kreisverbandes zuständig ist. Im
Kreis arbeiten zzt. 12 Pastoren, die 26 Gemeinden und missionarische Aufbauarbeiten
betreuen. Die Zahl der Gottesdienstbesucher liegt zwischen 250 und 30 Personen. Es gibt kleinere Gemeinden, die bereits über ein Gemeindehaus verfügen. An anderen Orten treffen sich dagegen über hundert Leute im Hof einer christlichen Familie. Ich breite eine Karte auf dem Küchentisch aus und gemeinsam identifizieren wir die Orte, wo es bereits Gemeinden gibt. Das Einzugsgebiet der UEPEM-Gemeinden erstreckt sich nördlich des
Nigers von Bamako-Quinzambougou im Westen bis nach Manabougou im Osten.
Dazwischen liegen 50 km. Auf der Südseite des großen Flusses gibt es einige
Gemeinden entlang eines Kanals und an zwei großen Achsen, die nach Segou in den
Osten und Richtung Bougouni in den Süden führen. Der südlichste Punkt liegt 80
km von Bamako entfernt. Hier arbeitet ein Missionar aus dem Kamerun, den Enoc regelmäßig besucht. Doch dazwischen, weiter im Südwesten von Bamako, gibt es ein weites Gebiet, wo es kaum
Gemeinden gibt. Auch die sozialen Projekte der meisten Hilfsorganisationen konzentrieren
sich eher auf Bamako und einige wenige Zentren im Umfeld. Die Förderung der
Landwirtschaft, der schulischen Ausbildung als auch der medizinischen
Infrastruktur, aber auch Gemeindegründungsinitiativen werden vernachlässigt. Wir sind durch Dörfer gefahren, in denen es zwar offiziell eine Entbindungs- oder Krankenstation gibt, die aber wegen des unzulänglich ausgebildeten Personals und der mangelnden Ausrüstung kaum frequentiert werden.
Wir fachsimpeln ein
wenig und sondieren Möglichkeiten missionarischer Strategien in diesem Gebiet.
Es fehlt an Pastoren. Das liegt auf der Hand. Es gibt auch keine westlichen Mitarbeiter (Missionare),
die sich hier einklinken. Dadurch kommen motivierte ehrenamtliche Mitarbeiter
zum Zug. Das ist grundsätzlich eine positive Entwicklung. Doch diesen Leuten
fehlt es oft an theologischer Ausbildung und strategischem know-how. Die Zahl
der ausländischen Missionare ist nach der politischen Krise in Mali in allen
Teilen des Landes zurückgegangen.
Sinnvoll wären
ganzheitliche Initiativen und interkulturell zusammengesetzte Teams, die sich aus
Pastoren, ehrenamtlichen Mitarbeitern und aus Missionaren aus dem Ausland (Afrika, Europa u.a.) zusammensetzen.
Gleichzeitig wäre eine integrale Besetzung wichtig, Teams also, die für die Bevölkerung
relevante Kompetenzen in sich vereinigen und wo verschiedene Berufsfelder
ineinander greifen. Pädagogen für Schulen,
Landwirte, die Anbautechniken verbessern helfen und in der Viehzucht
behilflich sind, medizinisches Personal, das in Zusammenarbeit mit den wenigen
Gesundheitszentren mobile Hilfsdienste anbietet, Evangelisten, die das
Evangelium erklären und Gemeindegründer, die Menschen in Gemeinden sammeln. Der
Gemeindebezirk Bamako hat in der Vergangenheit neben eigenen
Gemeindegründungsinitiativen schon einige soziale Projekte realisiert
(AIDS-Aufklärung u.a.). Es blieb jedoch bei punktuellen Aktionen.

Auch Enoc spricht
von einem holistischen Ansatz in der Gemeindearbeit. Im Gespräch wird klar,
dass er das als eine zentrale Aufgabe der Gemeinden ansieht und nicht als eine
Spezialaufgabe, die an ausländische Organisationen und NGO delegiert werden
sollte. Diese Sicht ist längst nicht selbstverständlich. Missionsgesellschaften
und Hilfsorganisationen werden viel zu oft als „Melkmaschinen“ angesehen, deren
strategischen und finanziellen Möglichkeiten man sich für die Durchführung von sozialen Projekten bedient. Enocs Haltung ist aber auch der Tatsache geschuldet, dass
die mit den UEPEM-Gemeinden kooperierende NGO kein Personal in der Region
Bamako stationiert hat und damit der Blick für die ganzheitlichen Bedürfnisse
der Gemeinden fehlt.
In Mali gibt es viel
Handlungsspielraum. Es gibt Perspektiven. Doch die Umsetzung scheitert zu oft an
der zu dünnen Personaldecke. Außerdem brauchen die Gemeinden eine "Struktur der kurzen Wege“, die den
Bedürfnissen der Arbeit angepasst ist – Weg von der Pastorenzentrierung hin
zum kollektiven Handeln in Teams. Weg von zentralistischen Projektstrukturen
hin zu regionalen Initiativen, die Gemeinden stärker in das soziale Engagement
vor Ort einbeziehen.
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