Philosophen zweifeln – Theologen staunen

Philosophie und Theologie - das sind zwei alte
Damen. Sie kennen sich gut. Mal sind sie Rivalinnen und beäugen sich kritisch,
mal verstehen sie sich blendend und bewundern einander - und sie werden
gemeinsam alt, sie brauchen einander auf ihrem langen Weg durch die
Menschheitsgeschichte. Die einen lieben die Weisheit, die anderen lieben Gott.
Und wenn wir davon ausgehen, dass alle wahre Weisheit der ewigen Vollkommenheit
entspricht oder auf sie zugeht, dann lieben Philosophen und Theologen
irgendwie das Gleiche – den ersten Beweger, den Vater, den Schöpfer, das
Absolute, das ewig Eine und das vollkommen Gute, oder wie auch immer die
absoluten Ursprünge und Enden begrifflich zu fassen sind.
Philosophen geben sich nicht zufrieden mit
religiösen Betäubungsversuchen. Sie zweifeln sie einfach an – auch die
Theologie. Und erst recht dann, wenn die Theologie meint, „stock und steif“
Behauptungen aufstellen zu können.
Theologie braucht den gesunden Zweifel und die
Philosophie braucht das anbetende Staunen der Theologie.
Der Zweifel ist der
aufrüttelnde Klaps auf die Schulter und manchmal ein schmerzhafter Stich,
der hilft wach zu bleiben und standfest geglaubte Positionen zu überdenken.
Die Atheismusdebatte ist deshalb kein Beinbruch. Sie ist notwendig. Sie rüttelt auf. Sie hilft, das theologische Profil zu schärfen. Sie zweifelt an und hilft, den Glauben an Gott glaubhafter und begriffsschärfer zu formulieren. Wenn christlicher Glaube relevant sein und gehört werden will, dann muss er mit säkularen Worten formuliert werden. Literatur, Philosophie, Kunst, Film und hier und da auch der normale Stammtisch sind dabei hilfreiche Begleiter.
Der Zweifel ist ein wirksames Medikament gegen die Selbstsicherheit und der Glaube das notwendige Fundament, ohne das der ewige Zweifler seinen Halt verliert. Auf immer und ewig cogito ergo sum, das geht auch dem aufrichtigsten Philosophen irgendwann auf die Nerven. Zweifel darf Instrument sein, niemals aber zum Prinzip per se erhoben werden, lediglich um zu beweisen, dass der Mensch existiert. Der vom Menschen entwickelte Gedanke wird durch den Zweifel haltlos. Und das Haltlose kann niemals zum Halt werden. Auf diese Weise würde der verantwortlich denkende Mensch nur ins Bodenlose stürzen, wie ein Bergsteiger, der das lebensrettende Seil in einen Siemens-Lufthaken einklinken würde.
Die Atheismusdebatte ist deshalb kein Beinbruch. Sie ist notwendig. Sie rüttelt auf. Sie hilft, das theologische Profil zu schärfen. Sie zweifelt an und hilft, den Glauben an Gott glaubhafter und begriffsschärfer zu formulieren. Wenn christlicher Glaube relevant sein und gehört werden will, dann muss er mit säkularen Worten formuliert werden. Literatur, Philosophie, Kunst, Film und hier und da auch der normale Stammtisch sind dabei hilfreiche Begleiter.
Der Zweifel ist ein wirksames Medikament gegen die Selbstsicherheit und der Glaube das notwendige Fundament, ohne das der ewige Zweifler seinen Halt verliert. Auf immer und ewig cogito ergo sum, das geht auch dem aufrichtigsten Philosophen irgendwann auf die Nerven. Zweifel darf Instrument sein, niemals aber zum Prinzip per se erhoben werden, lediglich um zu beweisen, dass der Mensch existiert. Der vom Menschen entwickelte Gedanke wird durch den Zweifel haltlos. Und das Haltlose kann niemals zum Halt werden. Auf diese Weise würde der verantwortlich denkende Mensch nur ins Bodenlose stürzen, wie ein Bergsteiger, der das lebensrettende Seil in einen Siemens-Lufthaken einklinken würde.
Jeder Mensch philosophiert, am Frühstückstisch, in
der Straßenbahn, an Schulen und in Hörsälen. Er philosophiert in Cafés und an
Stammtischen - oft ohne zu wissen, dass das, was da geredet wird, Philosophie
ist. Wir philosophieren wenn wir aus der Tiefe des Prinzipiellen unser Wasser
schöpfen und meinen, Grundlegendes und Wichtiges sagen zu müssen zur
Wirklichkeit, jene Wirklichkeit, die uns die Fakten um die Ohren haut und
die wir versuchen zu verstehen. Wir fragen nach Sinn und Grund. Was ist die
Welt und wo kommt sie her? Wie soll prinzipiell gedacht und ethisch
verantwortlich gehandelt werden? Gibt es Gott und wenn ja, was treibt der so
den ganzen Tag?
Die Folge dieser Fragen und Antwortversuche sind
Deutungen, nichts als Deutungen und verbale Rundumschläge. Wir interpretieren
und hinterfragen, indem wir die Deutungen der Wirklichkeit anzweifeln und neue
erfinden. Und all das geschieht nicht ohne Voraussetzungen und
Vorverständnissen. Philosophie gehört einfach zum Leben. Vorverständnisse hat
jeder, der Philosoph und auch der Theologe. Und wir brauchen sie.
Vorverständnisse sind wie Startblöcke, ohne die ein Läufer nicht in Schwung
kommt und dem Leben ständig hinterherlaufen müsste. Philosophien und
Theologien sind Ausdruck menschlicher Dynamik und Kommunikationsfähigkeit. Sie
implizieren die Sehnsucht des Unerreichten und hoffen darauf, das Ersehnte zu
erreichen.
Und wie steht es mit dem Vorverständnis der
Theologen? Gott existiert: sagen sie. Aber wer ist dieser Gott? Wie handelt er?
Und – wie kann dieses Handeln verständlich interpretiert werden? Wie wird der
Glaube relevant? Wie kommt dieser Gott ins Leben?
Ich wünsche mir Theologen, die weder in
dogmatischen Lehrsätzen verkrampfen, noch in Fluten von Bibelzitaten ertrinken.
Wahre Theologen beherrschen die Kunst des Staunens. Sie staunen über Gott, die
Welt und die Menschen. Sie haben den Mut zur Lücke. Im Zweifelsfall staunen sie
und fragen weiter.
Ich mag sie nicht, die von sich selbst überzeugten
Theologen mit ihren selbstsicher klingenden, fundamentalistischen
Behauptungen.
Theologie muss sich wieder neu entdecken, als eine
bescheidene aber notwendige Disziplin, die die Bedeutung Gottes und des
Glaubens für das wirkliche Leben aufzeigt. Theologie ist Lebenshilfe, ein
Instrument der Sinnsuche. Theologie ist um des Menschen willen da, nicht
um Gottes willen. Der braucht unsere Theologie nicht, wohl aber wirbt er um
unser Vertrauen. Theologie muss nicht künstlich vollkommen daher kommen. Sie
darf um des Menschen willen fragmentarisch sein, unvollkommen und vorläufig.
Theologen müssen von den Philosophen wieder die
Lockerheit des Zweifelns lernen, den Zweifel an den eigenen Positionen, das
spielerische Ringen um den nächsten Erklärungsversuch. Nur so bleibt die
Theologie flexibel genug, den Gott, dessen Reden und Handeln sie interpretiert,
nicht aus dem Blick zu verlieren. Nur so bleibt sie variabel genug, um mit der
sich schnell wandelnden Wirklichkeit Schritt zu halten.
Die wünsch ich mir: Theologen, die merken, dass ihre Theologie nur ein
Interpretationsversuch unter vielen ist. Theologen, die sich lachend auf die
Schenkel hauen, wenn sie merken, dass sie sich mal wieder in ihrer eigenen
Logik verfangen haben und ihre mühsam zusammen gestrickten Aussagen nicht
wirklich weiterhelfen im Leben. Theologen, die merken, dass die Wahrheit nicht
in ihren Kopf passt, sondern im Staunen über die Weite des Himmels und über die
Vielfältigkeit des Lebens zu finden ist.
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