Bougoula | malische Kultur pur

Die Visite im 1.600 Einwohner starken Bambaradorf Bougoula war ein Erlebnis und eine Lehrstunde in Sachen malischer Kultur. Vor der Abfahrt hätten wir uns beim Frühstück an missionsstrategischen und theologischen Fragen fast festgebissen und den Blick auf den Zeitmesser aus den Augen verloren. Aber das war halb so wild, denn auch Enoc S. war noch nicht reisefertig. Er hatte seinen Sohn losgeschickt, um ihm einen gut durchgegarten ...
Schafskopf mit Soße als Frühstück zu besorgen. Zwei Freunde der Familie waren zwischenzeitlich im Hof aufgetaucht und ließen mit einem Seitenblick auf die inzwischen servierte Fleischplatte die Bemerkung fallen: "Schau, er isst ganz alleine". Sie zogen sich einen Hocker an den Frühstückstisch und schnappten sich ein paar Fleischstücke. Ein solches Verhalten ist völlig normal im malischen Alltag.
Kurz vor 9.00 Uhr machten wir uns auf den Weg quer durch die Stadt. Wir schlugen den Weg Richtung Süden ein und bogen nach ca. 40 Minuten in den Busch ab. Hier erwarteten uns wie fast immer bei Reisen ins Landesinnere rote Pisten. Der Blick in den Rückspiegel machte die Ausmaße des aufgewirbelten Staubs deutlich. Immer dann, wenn uns ein Motorrad oder ein Fahrrad begegnete bremsten wir ab, um den betroffenen Personen eine Sicht- und Überlebenschance zu lassen. 
Das Ziel unserer Tagesreise war es herauszufinden, ob es in Bougoula die Möglichkeit einer Gemeindegründungsarbeit geben könnte. Wie kam der Kontakt zustande? Pastor Enoc hat einen guten Bekannten, den er bei gemeinsamen Aktivitäten in der Landwirtschaft und Viehzucht in der Umgebung von Bamako schätzen gelernt hat. Er ist ein Coulibaly und Muslim, dessen Verwandte in Bougoula leben. Coulibaly nimmt auf Wunsch von Pastor Enoc Kontakt zu seinem älteren Bruder in Bougoula auf und schon haben wir einen jatigi, eine Person, die als Gastgeber fungiert und bereit ist, uns zu empfangen. Er ist wahrscheinlich genau der, den Jesus in Lukas 10 als einen "Menschen des Friedens" bezeichnet hat. Und so kommt es, dass ein Muslim uns hilft, Kontakte zu einem Dorf zu knüpfen, wo wir als Christen eine christliche Gemeindegründungsinitiative starten wollen. 
So funktioniert Gottes Mission. Gott geht mit uns unkonventionelle Schritte, die mit zufälligen Begegnungen beginnen und dann zu einem Weg werden. 
Auf der Fahrt spricht Pastor Enoc spontan ein lautes Gebet, wo er um Bewahrung bittet, um gute Kontakte und den zuversichtlichen Wunsch ausspricht, dass es in Bougoula in absehbarer Zeit eine Gemeinde geben wird. Coulibaly, unser muslimischer Reisebegleiter, hört das alles mit und lächelt. Nach einem lauten Amen, wendet sich Enoc an ihn und sagt mit einem breiten Lachen, das ich im Rückspiegel wahrnehmen kann: "Coulibaly, du wirst eines Tages auch ein Nachfolger Jesu." Als Enoc mich nach meiner Meinung fragt, antworte ich mit kosèbè (d.h. natürlich, so ist das). Die Gespräche führen wir meist in Bamanakan und die Stimmung ist aufgelockert und humorvoll auf der Fahrt, bis wir schließlich im Dorf eintreffen und das Auto in unmittelbarer Nähe zur Moschee unter einem schattigen Baum parken. 
Mit unseren jatigiw flanieren wir durch das Dorf und lassen uns die öffentliche Schule zeigen. Wir grüßen kurz einen der Lehrer und die 87 Kinder in dem überfüllten Raum der Klasse 7A. Es stehen war zusätzliche Räume zur Verfügung, aber es fehlt an Lehrern, sagt man uns. Wir werfen einen Blick auf die Madersa (Koranschule), die Krankenstation und lassen uns das kleine E-werk am Dorfrand zeigen. Der Blick auf die mit Blech abgedeckten Häuser und die Hinweisschilder auf diverse Projekte zeigten uns, dass es dem Dorf wirtschaftlich einigermaßen gut geht. Die meisten verdienen mit Vieh- und Landwirtschaft ihren Lebensunterhalt. Die Frauen sind in die Herstellung von Öl, das aus der Kariteefrucht gewonnen wird, involviert. Anschließend laufen wir über den Markt, grüßen die Leute dort und kaufen ein paar Kleinigkeiten für das Mittagessen ein. 
Der Höhepunkt war sicherlich der Besuch in der aus Lehmsteinen erstellten und mit einem Strohdach versehenen Rundhütte, wo wir von dem dreiköpfigen Ältestenrat des Dorfes empfangen wurden. 
Unsere Gastgeber hatten unseren Besuch angemeldet. Einer der Alten ergriff das Wort und erklärte wer wir sind und warum wir dem Dorf unseren Besuch abstatten. Was folgte war ein Paradebeispiel malischer Kommunikationskultur. Jeder kommt zu Wort, und am Ende redet der Chef. Da wo in Deutschland die meisten schon tief Luft geholt und wegen der ständig sich wiederholenden Phrasen die Augen verdreht hätten, da wird in Mali immer noch geredet und aus Respekt und Höflichkeit zugehört. Wichtig ist, dass jeder reden kann und jedes Wort Bedeutung hat. Bei unserem Sitin sind es kurze Statements, die die malische Willkommenskultur zum Ausdruck bringen und Worte der Freundschaft, die sich inhaltlich wiederholen. Weil wir von Leuten aus dem Dorf begleitet werden, werden wir sofort als Freunde des Dorfes angesehen. Die Alten erkennen an, dass wir Christen sind, dass es uns um Beziehung und nicht um ein groß angelegtes, finanzschweres Projekt geht. Sie zeigen Respekt und sehen es als völlig normal an, das Muslime und Christen koexistieren können. Die Atmosphäre in der Rundhütte strahlt Würde und Gelassenheit aus. 
Sie vermittelt das Gefühl, dass alle Anliegen und Probleme dieser Welt gelöst werden können, wenn man sich nur in Ruhe hinsetzt und jeden ausreden lässt. In Mali tragen wir den Familiennamen Coulibaly. Die meisten der Dorfbewohner heißen auch so. Diese "Verwandschaftsbeziehung" haben wir im Gespräch herausgehoben und hatten damit das Lachen der alten Gesprächspartner auf unserer Seite. Nach der Verabschiedung von den Alten und einem Foto haben wir in der Familie unserer Gastgeber eine reichhaltige Reismahlzeit eingenommen und nach viel süßem grünen Tee und Erdnüssen im Magen  das Dorf verlassen. Dabei wurden wir von vielen winkenden Händen begleitet. 
Wie geht es jetzt weiter? Unser Kollege Pastor Enoc S. hat vor, das Dorf noch mehrere Male zu besuchen und möchte dabei herausfinden, ob eine Wohnung für einen Mitarbeiter gemietet bzw. ein Grundstück gepachtet werden kann. Die Muttergemeinde in Bamako hat ein ca. 10-köpfiges lokales Missionsteam, das dann in Absprache mit dem übergeordneten Distrikt erste Einsätze durchführen soll. Wir sind Gott dankbar für den authentischen Einblick in die malische Kultur und das Kennenlernen der Menschen in Bougoula. Wir beten, dass der Wunsch, hier eine Gemeinde zu gründen, in Erfüllung geht.





Unser Partner

Schule in Sabalibougou

SPENDENFORMULAR

Spendenkonto

Spar- und Kreditbank Witten

IBAN: DE86452604750009110900
BIC: GENODEM1BFG

Zweck: Meier - Mali