Mali | verunsichert statt gelassen

Schwülheiße Luft lag gestern über Bamako. Gegen Abend kam dann das erhoffte Gewitter mit einem satten Regenguss, begleitet von Donnerschüben und Stromausfall. Die Malier nennen es den Mangoregen, der in dieser Jahreszeit nicht selten ist. Der Wind fegte durch unsere aufgerissenen Fenster. Abkühlung, wenigstens für ein paar Stunden. Heute Morgen herrschte hohe Luftfeuchtigkeit und bereits um halb Neun waren es an die 30 Grad als wir von der Schule in Sabalibougou nach Hause fuhren. Ab und zu donnert und blitzt es gewaltig und der Wind bläst kräftig, dennoch ist die Luft alles andere als rein in Mali …
Der Präses unseres Partnerbundes hat uns heute Morgen besucht. Wir kamen auf die Sicherheitslage im Land zu sprechen. Er zeigte sich sehr besorgt. Einer unserer Pastorenkollegen in Dialobe (Region Mopti) erwägt, die Stadt zu verlassen. Fast jeden Tag sind Schüsse zu hören. Manchmal verlässt er mit seiner Frau und den Kindern seinen Hof, um sich am Rande des Dorfes zu verstecken. Als Pastor ist er im Ort bekannt und damit gehört er zu den besonders gefährdeten Personen im Visier der Islamisten. Die malischen Sicherheitskräfte sind in der Gegend so gut wie nicht präsent, um die Bevölkerung zu schützen.
Wir müssen mehr beten, mehr können wir nicht tun, sagen die einen. Doch es ist genauso wichtig, 
so der Präses unseres Partnerbundes, dass die Vorsitzenden der Gemeindegremien Verantwortung zeigen und mutige Entscheidungen treffen, z.B. die, eine gefährdete Familie zu evakuieren.
Der Druck auf die Rebellen, den in Algerien ausgehandelten Vertrag zu unterzeichnen, wächst. Die Gegner des Vertrages verschärfen ihre Aktionen und es kommt im Norden fast täglich zu gewaltsamen Zwischenfällen mit Opfern aus den Reihen der Zivilisten und Militärs. In Gao ging an den Ostertagen eine Bombe hoch. Bereits am 23.4. sind zwei Menschen einem Anschlag zum Opfer gefallen. Menschen verlieren ihr Leben, weil LKW oder Busse auf Minen fahren oder Unschuldige von Granatsplittern getroffen werden. Transportwege werden abgeschnitten, um den Handel und den Wiederaufbau der Infrastruktur zu behindern. Schulen schließen. Lehrer verlassen die Gegend. Die ungewisse Sicherheitslage lässt kein geregeltes Schulleben zu. Die UNO verstärkt ihre Präsenz in den Regionen Kidal, Timbuktu und Gao. Aus den Reihen der Tuareg ist zu hören, dass sich verschiedene Clans, bestehend aus Befürwörtern und Gegnern des Friedensabkommens, das Leben gegenseitig schwer machen.
An der Grenze zu Burkina Faso ist es zu einem Zwischenfall mit Todesfolge zwischen Banditen und der Polizei gekommen. Soweit die Fälle nicht aufgeklärt werden können, muss auch hier von einem Zusammenhang zwischen Banditentum und islamistischem Terror ausgegangen werden.
In Bamako wird der Flughafen schon längst als nächstes Ziel terroristischer Attacken gehandelt. Letzte Woche ist ein Haus am südöstlichen Stadtrand von Bamako in die Luft geflogen. Ein Händler aus Burkina hatte dort Chemikalien und Sprengsätze gelagert. Der Mann gilt als Drahtzieher zu den Islamisten und wurde inzwischen festgenommen. Die Behörden haben zudem eine große Menge an Munition sichergestellt. UNO und malische Polizei gehen davon aus, dass von dem Gebäude aus ein weiterer Anschlag in der malischen Hauptstadt vorbereitet werden sollte, der in letzter Minute verhindert werden konnte.
Am Ostersamstag waren wir im Gottesdienst in unserer Hauptgemeinde in Quinzambougou. Ich hatte dort die Predigt zu halten. Unter den 200 Gottesdienstbesuchern war auch der stellvertretende Bürgermeister des Stadtviertels. Er sagte uns im Gespräch, dass die Zufahrtswege zur Kirche von Polizeieinheiten bewacht werden. Er werde alles für die Sicherheit der Christen tun. Die im Zuge der erwähnten Explosion sichergestellten Chemikalien, so der Bürgermeister, sind wohl über Mauretanien in die malische Hauptstadt geschmuggelt worden. Der Bürgermeister Bamakos hatte am Samstag alle Chefs der verschiedenen Stadtviertel zu einer Krisensitzung einberufen und Maßnahmen beraten. Alle Gottesdienste sollen um 23.00 Uhr beendet sein. Kein Tanz in die Nacht in diesem Jahr.
Nichts geht in Mali – so der Schlusssatz unseres Präses. Die Leute sind verunsichert und haben Angst vor dem nächsten Anschlag.
Wir merken, dass wir gehemmt sind, uns an bestimmten Plätzen als Weiße zu zeigen. Als Gefahrenzonen angezeigte Gegenden umfahren wir vorsichtshalber. Mali hat sich in den letzten Monaten und Jahren verändert. Manchen steht die Hoffnungslosigkeit ins Gesicht geschrieben. Die Ausgelassenheit, die trotz der ärmlichen Lebensbedingungen die Mentalität der meisten Malier bisher prägte, ist der Verunsicherung gewichen. Dennoch waren die Ostergottesdienste sehr gut besucht. 400 Personen waren es alleine in Quinzambougou. Die Freude über die Auferstehung Jesu gibt Hoffnung und ermöglicht ein Kontrastprogramm gegen die Angst und den Terror. Dennoch ist Vorsicht angebracht.

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