Jahreslosung 2015 | Es geht um unsere Glaubwürdigkeit

Riesenkrach in Rom. Es ging um unterschiedliche Vorstellungen, wie Glaube gelebt werden soll, was ein Christ zu tun und zu lassen hat. Paulus kennt die römische Gemeinde nicht persönlich. Er wagt es dennoch, entgegen aller pastoralen Gepflogenheiten, auf Distanz eine klare Aussage zu machen. Der christliche Glaube besteht nicht in erster Linie aus Stilfragen, aus Traditionen und dem ewigen Gerangel um Auslegungsfragen von Bibelstellen. Paulus weiß: Wenn die wenigen Christen in Rom sich nicht vertragen, dann ist das Lob Gottes und die Glaubwürdigkeit der Gemeinde in der Stadt in Gefahr. Deshalb gilt es, einander in der Verschiedenheit und unterschiedlichen Prägung anzunehmen, so wie Christus das auch mit uns Menschen getan hat.
Es gibt natürliche und kulturelle Vielfalt und Unterschiede, auch zwischen Christen. Hier müssen wir lernen einander in der Vielfalt anzunehmen. Doch bei den meisten Schwierigkeiten innerhalb der Gemeinde Jesu handelt es sich um von Menschen gemachte Probleme, die durch Grabenkämpfe und unflexibles Denken entstanden sind. Hier scheitern Christen. Diese Kämpfe kann kein Christ auf Dauer ertragen, ohne dass sein Glaube Risse bekommt. Manche Äußerungen in den sozialen Netzwerken, die von kämpferischen Christen geäußert werden, tragen dazu bei, das Klima zu vergiften, an dem andere schließlich kaputt gehen.
Es geht letztlich um gelebte Einheit von Christen zum wahrnehmbaren Lob Gottes in der Welt. Von daher hat die Jahreslosung nicht nur einen sozial-romantischen Aspekt, wo es um das kuschelige möglichst problemfreie Miteinander innerhalb der Gemeinde geht. Römer 15,7 hat auch eine missionarische Dimension, die mit dem Verhalten der Christen miteinander sehr viel zu tun hat. Schon im Alten Testament ist es das erklärte Ziel, dass die Nationen wegen des Handelns Gottes am Volk Israel zum Lob Gottes gelangen (z.B. Ps 117,1). Das Lob Gottes in der Gemeinde ist allerdings nur glaubwürdig, wenn es von Einheit in der Gemeinde und von Glaubwürdigkeit nach außen flankiert wird.
Die klare Aussage des Paulus gilt nicht nur für Gemeinden und Christen, die wie damals in Rom, zerstritten waren und den Aufruf zur Einheit dringend nötig hatten. Die konfessionelle Zerstrittenheit, die sich im Laufe der Kirchengeschichte herausgebildet und etabliert hat, ist nicht nur Ausdruck von bunter Vielfalt. Die Vielfalt ist gleichzeitig die Folge theologischer und persönlicher Unversöhnlichkeiten und sie schürt das Konkurrenzdenken. Am Rande eines Trainingsspiels des malischen Fußballmeisters in Bamako komme ich mit einem Fan ins Gespräch. Schnell ist klar, dass ich Christ und er Muslim ist. Die erste Frage, die mein Banknachbar mir stellt ist: „Kannst du mir den Unterschied zwischen Katholiken, Protestanten und Orthodoxen erklären?“ Er konnte das einfach nicht verstehen, warum der Glaube an den einen Christus offensichtlich Trennung und Konkurrenzdenken bewirkt. Natürlich ist das im Islam nicht anders. Doch darum geht es nicht. Es geht darum, dass das missionarische Zeugnis von Jesus Christus durch die interne Kleinkariertheit der Christen und das Konkurrenzdenken behindert wird. Nichtchristen merken das und Missionaren erschwert es das Gespräch.
Der Konkurrenzkampf der Gemeinden untereinander, das Pochen auf subjektive Wahrheiten – all das trägt weder zur gegenseitigen Annahme, noch zum effektiven missionarischen Zeugnis und erst gar nicht zum Lob Gottes in der Welt bei.
In der Frage des muslimischen Fußballfans klang auch eine gewisse Hoffnung mit: Wenn wir Muslime es mit der Einheit nicht hinkriegen, dann solltet ihr es als Christen doch wenigstens schaffen.
Christus hat jeden Menschen bedingungslos angenommen und geliebt, Arme und Reiche, Männer und Frauen, Kinder, Römer und Juden, die Elite und die Ausgestoßenen. Das liebevolle Zugehen auf Menschen und deren Annahme ist Ausdruck christusgemäßen Lebensstils und nur so Ausdruck des Lobes Gottes. Es ist eine biblische Anweisung (Imperativ). Damit wir das auch leben können, hat Christus seine ganze Existenz investiert. Das ist eine grundlegende Tatsache (Indikativ). Sie stiftet Einheit zwischen Gott und Menschen.
Einander annehmen konkret …
  • In unseren Gemeinden und Teams achten wir aufeinander. Wir respektieren unsere Stärken und Schwächen. Wir vergeben, wie Christus uns vergeben hat. Wir bringen Dinge in Ordnung, die wir verbockt haben.
  • In Mali helfen Evangelisten aus einer Baptistengemeinde Lutheranern eine Gemeinde zu gründen.
  • Christen reden mit Muslimen über Gott und Jesus Christus, obwohl radikale Jihadisten Christen andernorts töten.
  • Christliche Gemeinden kümmern sich um Flüchtlinge, gleich welcher Nationalität und Religion sie angehören.
  • Wir praktizieren eine Willkommenskultur in unseren Familien und in unserer Gesellschaft und lassen uns nicht von Menschen ins Bockshorn jagen, die die Fremdheit anderer Menschen als Feindbild hochstilisieren.
  • Als Missionare leben wir von der gegenseitigen Annahme. Wir kommunizieren nicht nur die Botschaft von Jesus Christus, der Menschen liebt und annimmt. Wir leben auch entscheidend davon, dass wir von Menschen einer fremden Kultur angenommen und in ihre Lebensbezüge aufgenommen werden.

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