Sabalibougou | Start mit einem Rekord
Die
Straßen sind gut befahrbar an diesem Sonntagmorgen. Wir überqueren zügig den
Niger auf der vierspurigen Fahrbahn und erreichen nach 25 Minuten das 5.000
Bewohner zählende Dorf Sabalibougou. Die letzten Kilometer legen wir auf einer
Buckelpiste mit riesigen Pfützen zurück. Es ist schließlich Regenzeit. Wir sind
froh, uns mit einem allradbetriebenen Auto fortbewegen zu können.
Mitten im
Dorf steht ein Hinweisschild. UEPEM - Eglise Protestante steht da zu lesen. Irgendwo muss sie also sein, die kleine Gemeinde unseres malischen Gemeindebundes. Das zweite Schild übersehen wir, da es mit dichtem Grünzeug überwuchert
ist. Wir fragen uns durch, bis uns schließlich einige Kinder neben dem Wagen tänzelnd und eifrig winkend den
Weg zeigen. Der Gottesdienst hat schon begonnen. Lauter Gesang mit rhythmischem
Trommelschlag dringen an unser Ohr. Hier in dieser Gemeinde wollen wir in
Zukunft mitarbeiten. Der Gottesdienst findet auf der geräumigen Veranda des von
Pastor Enoc S. erbauten Hauses statt. Es erinnert uns sehr stark an die Zeit,
als wir 1990 selber in Soufouroulaye (Region Mopti) auf diese Weise die ersten Gottesdienste
gefeiert und Gemeindeaufbauarbeit gestartet haben.
In der letzten
Woche hatten wir ein Treffen mit dem zuständigen Pastor Silvain S., der für
Sabalibougou und noch weitere drei Dörfer in der Umgebung für Gottesdienste und
Gemeindearbeit zuständig ist. Er sagte uns: „Mit 20 bis 30 Leuten
einschließlich einiger Kinder könnten wir rechnen. Doch die Leute sind manchmal
sehr unpünktlich und unregelmäßig im Besuch des Gottesdienstes.“ Doch was wir
erleben, überrascht uns positiv. Über 50 Leute sind da. Männer, Frauen, Jugendliche
und Kinder – letztere in der Mehrheit. So ist das in Mali. "Das ist bisheriger Rekord, der zahlenmäßig am Besten besuchte Gottesdienst, den wir bisher hatten", sagt uns der Pastor später.
Wir werden
herzlich begrüßt und stellen uns kurz vor. Der Pastor erklärt, wie wir ab September
der Gemeinde unter die Arme greifen und mitarbeiten wollen: Predigtdienste,
Arbeit mit Kindern, mit Frauen und Jugendlichen, Besuchsdienste – zweimal pro
Monat an Sonntagen und einmal in der Woche an einem Nachmittag. Im Anschluss an
den Gottesdienst bleiben alle da – zu einer improvisierten Gemeindeversammlung. Die Leute fragen uns aus und unterbreiten ihre Wünsche an die künftige
Zusammenarbeit. Das macht echt Spaß. Frauen sprechen sich für regelmäßige Bibelgesprächskreise aus. Junge Leute plädieren für regelmäßige Treffen, wo ihr Glaube vertieft werden kann. Ein Mann meldet sich zu Wort: „Es wäre
sehr schön, wenn wir regelmäßig einen offenen Gesprächskreis in einem unserer
Höfe haben könnten. Viele Leute aus dem Dorf wissen gar nicht, dass es hier
Christen gibt. Wir haben ein wenig Berührungsängste. Der Teufel nimmt uns den
Mut, uns in der Öffentlichkeit zu zeigen. Die Leute sollen aber mitbekommen,
wer wir sind! Könnt ihr uns dabei unterstützen?“ Ich stehe auf und sage: „Den
Teufel, den müssen wir schon gemeinsam mit Gottes Hilfe verjagen. Öffnet eure Häuser. Wir
fangen einfach an, uns gegenseitig zu besuchen, laden andere dazu ein und
schauen, was passiert“. Die Leute lachen und applaudieren.
In den Unterhaltungen nach dem Gottesdienst merken wir, wie sehr Gemeindeleben auf ein Gebäude und die Institution reduziert wird. „Wenn wir erst einmal ein großes Gemeindehaus haben, dann werden die Leute kommen“, so sagt man uns. „Im Dorf gibt es noch viel mehr Christen, die aber lieber in ein benachbartes Dorf fahren, um dort Gottesdienst in einer „richtigen Gemeinde“ zu feiern“.
In den Unterhaltungen nach dem Gottesdienst merken wir, wie sehr Gemeindeleben auf ein Gebäude und die Institution reduziert wird. „Wenn wir erst einmal ein großes Gemeindehaus haben, dann werden die Leute kommen“, so sagt man uns. „Im Dorf gibt es noch viel mehr Christen, die aber lieber in ein benachbartes Dorf fahren, um dort Gottesdienst in einer „richtigen Gemeinde“ zu feiern“.
Das
traditionelle, institutionalisierte Gemeindeverständnis ist in den letzten
Jahrzehnten von Missionaren stark geprägt worden. Hinzu kommt, dass sich die
Christen in Mali am Vorbild der Muslime orientieren. In jedem kleinen Dorf
steht eine Moschee – also muss auch ein Gemeindehaus her. Doch es geht auch
anders: offene Gesprächskreise in den Höfen sind auch Ausdruck von Gemeinde. Selbst die
Muslime knien während des Freitagsgebets zu Hunderten im Schatten der Bäume und
beten angeleitet von einem Imam Richtung Mekka. Religiöses Leben ist nicht an
die Institution eines Gebäudes gebunden. Wir sind gespannt auf die Arbeit und
hoffen, die Menschen von einem offeneren Gemeindeverständnis überzeugen zu
können, das ihr Privatleben und ihre Häuser mit einschließt.
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