Malireise 2012 | Flug nach Mali
29.7.2012
Unser Sohn Jonas bringt uns zum Flughafen nach
Frankfurt. In der Wartehalle lernen wir S. kennen, einen Pastor aus Burkina
Faso, der in Frankreich eine theologische Fortbildung macht und den gleichen
Flug hat wie wir. Er wird von Bamako nach Ouagadougou weiterreisen. Wir kommen
ins Gespräch und unterhalten uns über die politische Lage im Sahel. Die
Regierung aus Burkina vermittelt zzt. in der malischen Krise. Doch, so S., es
ist nicht ganz klar, was der Präsident aus Burkina politisch im Schilde führt.
Zu offensichtlich sind seine guten Kontakte zu den Tuaregrebellen. Das macht
Kritiker in Burkina und in Mali gleichermaßen misstrauisch. Krisenmanager und
Politseelsorger – alles schön und gut. Gut, dass es solche Leute gibt, aber
wenn ihr Profil nicht erkennbar ist, dann sind Rückfragen und Zurückhaltung
angebracht.
S. fährt fort und meint: „Mali tut gut daran, eine
militärische Intervention der CEDEAO (westafrikanische Union) nicht ohne
Weiteres zu akzeptieren. Dies könnte nämlich dazu führen, dass sich das
malische Militär in zwei Lager spaltet. Die einen, die eine militärische
Assistenz von außen befürworten (Antiputschisten) und die anderen, die dies
ablehnen (Putschisten d.h. die Anhänger von Kapitän Sanogo, der Ende März den
Staatsstreich initiierte). Die Folge wäre eine weitere Schwächung Malis.“
Die Sache ist komplexer als dies manchmal in der
westlichen Presse dargestellt wird. Hinzu kommt: Malier sind stolz. Sie würden
eher auf eigene Faust die Rückeroberung des Nordens anstreben, wobei dies zum
jetzigen Zeitpunkt wohl in einem Desaster enden würde, als eine aufgezwungene
Militärassistenz von außen zu akzeptieren.
Es werden noch einige Gespräche stattfinden müssen, um
ein einvernehmliches Vorgehen in der Krise zu erreichen.
Ein Bus bringt uns zum Flieger. Wenig später sitzen
wir im Flugzeug Richtung Brüssel. Nach einem kurzen Zwischenstopp blicken wir gespannt
Richtung Süden. Wir können aus 10 km Höhe die französische Mittelmeerküste erkennen
und wenig später den gelben Sand der Sahara.
Mamdou N’Diaye, der Direkter der FATMES holt uns am
Flughafen ab. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Abwicklung am
Flughafen (Passkontrolle, Gepäckausgabe usw.) jemals so schnell und reibungslos
verlaufen wäre, wie heute Abend. Aufgefallen ist uns, dass die Diensthabenden
sehr nett und korrekt waren. Unter den Polizei- und Zollbeamten sind auffällig
viele junge Gesichter. Draußen erkennen
wir zwei Panzer. Soldaten sehen wir keine. Als wir Richtung Stadt zu unserem
Quartier unterwegs sind, fühlen wir uns direkt wie bei einem großen déjà vu –
die Luft, die Temperaturen, die Farben und Gerüche kommen uns sehr bekannt vor.
Es hat geregnet heute und es sind 25 o C am frühen Abend. Schon aus
dem Flieger sah die Landschaft sehr grün aus. Mamdou sagte uns: „Die Regenzeit
hat gut begonnen. Wir hoffen und beten, dass es so weiter geht und vor allem,
dass die Heuschrecken bleiben wo sie sind und unsere Felder nicht überfallen
und kahl fressen.“
Wir fragen, wie sich die Krise in Mali auf das Leben
der Christen auswirkt. Mamadou berichtet: „Die Gebetstreffen in den Gemeinden,
auch über die konfessionellen Grenzen hinaus, haben zugenommen. Die Geschwister
rücken näher zusammen. … Überhaupt sei die aktuelle Krise auch eine Chance für
Mali. Der arabische Einfluss im Süden des Landes geht zurück. Und vielleicht
merken die Leute jetzt, was wirklich hinter dem Islam steckt.“
Christiane zieht sich eines ihrer malischen Kleider
an. Wir gehen gemeinsam zur Bäckerei und kaufen dort frisches Baguette, ein
paar Eier fürs Omlette und Bananen zum Abendbrot. Zu mehr reicht unser
Kleingeld nicht. Wir treffen einen Taxifahrer, der uns zuruft und grüßt. Er hat
mich vor Jahren abends bei Dunkelheit oft quer durch die Stadt gefahren, samt
meinem Fahrrad, mit dem ich nachmittags zum Unterrichten an der FATMES gekommen
bin. Irgendwo trifft man immer ein bekanntes Gesicht. Wir unterhalten uns und
merken: die politische Entwicklung des Landes beschäftigt die Leute, auch wenn
nach außen ein fröhlicher Plauderton herrscht. Und wir stellen fest: das Lachen
ist den Leuten nicht vergangen.
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